von ml 02.12.2014 04:00 Uhr

Heterophorie – Ursache für Schulstörungen?

Heterophorie, das „versteckte Schielen“, ist ein in Europa relativ häufiges Phänomen. Trotzdem ist es noch relativ wenig erforscht. Die in Bozen praktizierende Ostheopathin Andrea Hindinger hat sich an der Dresden International University auf wissenschaftlichem Niveau mit diesem Phänomen auseinandergesetzt und ist dabei zu interessanten Forschungsergebnissen gekommen.

Ut24 hat Andrea Hindinger interviewt:

Wodurch entsteht Heterophorie und welche Folgen kann es haben?

Hindinger: Heterophorie entsteht durch eine Störung des Augenmuskelgleichgewichts. Heute wissen wir, dass das „versteckte Schielen“ eine ganze Reihe von Symptomen zur Folge haben kann. Diese reichen von Augenreiben, häufigem Blinzeln und Kopfschmerzen bis hin zu verschwommenem Sehen, Doppelbildern, Konzentrationsstörungen und Lese-Rechtschreib-Schwäche.

Wieso ist die Heterophorie als mögliche Ursache für solche Störungen relativ unbekannt?

Hindinger: Sehr häufig werden die Symptome einfach nicht mit einer Augenproblematik bzw. anderen körperlichen Dysfunktionen in Verbindung gebracht und deshalb gar nicht oder erst sehr spät behandelt.

Andererseits ist die Problematik dieser Anstrengungsbeschwerden aber auch ein Phänomen, das erst in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Durch den vermehrten Umgang mit elektronischen Medien wie PC, Tablets, Smartphones und E-books muss die Augenmuskulatur eine erhöhte Arbeitsleistung erbringen.

Gibt es bestimmte Altersstufen, in denen Heterophorie häufiger vorkommt?

Hindinger: Ja, bei Kindern wird Heterophorie häufig nach dem Schuleintritt diagnostiziert. Der Grund dafür ist der, dass die Augenmuskeln ständig den Achsenausgleich versuchen und deshalb besonders in der Phase des Lesen- und Schreiben Lernens überanstrengt werden.

Was passiert, wenn das „Versteckte Schielen“ nicht erkannt bzw. nie behandelt wird?

Hindinger: Speziell bei Grundschülern, die ihre Lernlaufbahn erst starten, kann sich eine unbehandelte Heterophorie negativ auf den schulischen Erfolg auswirken und so auch zu psychisch belastenden Problemen führen. Im Rahmen eines interdisziplinären Konzeptes gibt es aber gute Möglichkeiten einer gezielten Therapie.

Ihre Studie zeigt aber auch auf, dass die visuelle Wahrnehmung die Körperhaltung beeinflussen kann…

Hindinger: Das ist richtig. Umgekehrt gibt es aber auch bestimmte Gelenksdysfunktionen, die das Sehen beeinträchtigen können – etwa Kieferfehlstellungen. So gibt es z.B. enge Zusammenhänge zwischen Heterophorie und Kiefergelenksdysfunktionen wie Kreuzbiss. Und damit können wieder optische Wahrnehmungsstörungen verbunden sein.

Welche Therapien sind beim „Versteckten Schielen“ möglich?

Hindinger: Die Osteopathie bietet eine Vielzahl an therapeutischen Möglichkeiten an. Zu den aktuellen Therapieverfahren zählen aber auch die Anpassung spezieller Prismengläser, um die Sehachse zu korrigieren, und das Visual Training, um die Augenmuskulatur gezielt zu stärken. In seltenen Fällen wird ein operativer Eingriff durchgeführt.

Interview: Margareth Lun

 

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