von gru 25.03.2015 08:50 Uhr

Kartitsch: Erstmals Denkmalschutz für 1. Weltkrieg

Das österreichische Bundesdenkmalamt nimmt sich nach 100 Jahren erstmals des 1. Weltkrieges an. In Kartitsch sollen Reste der Front unter Denkmalschutz gestellt werden.
Die Reste des 1. Weltkrieges am westlichen Karnischen Kamm. Bild: Arc-Team

Die Südwestfront des 1. Weltkrieges streift das heutige österreichische Bundesgebiet nur am Rande. Die Bundesländer Kärnten und Tirol sind entlang des Karnischen Kammes Schauplätze der Kämpfe von 1915 bis 1917 gewesen, in der Erinnerungsgeschichte aber lange hinter so bekannten Namen wie der Isonzofront und den Dolomiten zurückgeblieben.

Denkmalschutz

Wohl nicht zuletzt auch auf Grund der traumatischen Ereignisse rund um den Zusammenbruch der Habsburger-Monarchie und der Teilung Tirols, wurde das Thema in Österreich lange wesentlich weniger beachtet, als im benachbarten Italien.

Ebenso wie in Slowenien, stehen dort die Reste der Gebirgsfront schon seit einigen Jahren unter Denkmalschutz.

Rechtzeitig zum Gedenkjahr 2015 hat sich eine Initiativgruppe der Gemeinde Kartitsch, des Bundesdenkmalamtes und der Universität Innbruck gebildet, um konkrete Schritte für den zukünftigen Umgang mit den erhaltenen Resten zu überlegen.

Pilotprojekt am Karnischen Kamm

Am 24. März 2015 fand nun in Kartitsch ein Diskussionsabend statt, bei dem Anrainer, Grundbesitzer und Experten erstmals über konkrete Schritte informierten und die Gelegenheit hatten, Erfahrungen und Ideen auszutauschen.

Nach der Begrüßung durch Kartitschs Bürgermeister Josef Außerlechner und einer Einführung mit kurzer Projektvorstellung durch Walter Hauser, Leiter des Landeskonservatorates für Tirol, berichtete als erste die Historikerin Isabelle Brandauer aus Reith b. K. über den historsichen Hintergrund der Kämpfe von 1915-17 am westlichen Karnischen Kamm.

Es folgte ein Überblick über die erhaltenen und schützenswerten Objekte von Christian Terzer aus Kurtatsch. Im Sommer 2014 wurden erste Begehungen im Frontgebiet durchgeführt, nun konnten typische Beispiel von militärischen Bauten vorgestellt werden. Auf nur wenigen Kilometern sind hunderte bis tausende von Resten erhalten.

Begehungen und Planungen

Das Denkmalamt hat bereits bestimmte Bereiche am Karnischen Kamm ins Auge gefasst, die sich für den Denkmalschutz eignen würden. Johannes Pöll, Archäologe bei Bundesdenkmalamt in Innsbruck, erklärte den Zuhörern, was alles getan werden muss, um ein Objekt unter Schutz zu stellen.

In Österreich ist nämlich – anders als in Italien – der Grundbesitzer auch gleichzeitig der Besitzer der Denkmale.

Eine genaue Kartierung ist dafür die Grundlage. Zur Diskussion stehen bisher zum Beispiel der Obstanser Sattel, sowie das Eisenreich und Hochgränten an der Grenze zur Nachbargemeinde Sexten.

Rechtliche Grundlagen

Wie könnte ein Denkmal „Karnischer Kamm“ aus rechtlicher Sicht nun aussehen? Michaela Frick vom Bundesdenkmalamt Innsbruck erklärte die grundsätzlichen Aufgaben des Denkmalschutzes und stellte den Begriff der “Kulturlandschaft” vor, der seit 1992 in Österreich gesetzlich geregelt ist. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Wachau.

Objekte, wie sie am Karnischen Kamm zu finden sind, können als sog. “Denkmalanlagen” unter Schutz gestellt werden. Eine bekannte Denkmalanlage in Tirol ist beispielsweise Schloss Ambras bei Innbruck.

Ziel ist es, maximal 5 Denkmalanlagen (Bisher geplant sind Hochgränten, Eisenreich, Obstanser Sattel) zu schützen. Die bereits unter Schutz stehenden Objekte (Soldatenfriedhof Hochgränten, Soldatenfriedhof Obstans, Prinz-Heinrich-Kapelle) werden in die neuen Denkmalanlagen integriert.

Warum schützen?

Wie nun die Denkmalanlagen am Karnischen Kamm erhalten und genutzt werden können, diskutiert am Ende der Veranstaltung noch einmal der Leiter des tiroler Denkmalamtes Walter Hauser.

Warum sind diese Objekte schützenswert? Der erste Schritt zum Schutz ist das Bewußtsein. Die öffentliche Hand kann die Reste der Front nicht konservieren oder wieder aufbauen.

Die Stellungen sind Teil der Naturlandschaft und die Natur holt sich jedes Jahr einen Teil der Objekte wieder zurück.

Wichtig ist vor allem, dass die Kriegsreste an Ort und Stelle bleiben, dokumentiert und nicht verändert werden.

Das Ziel muss sein, sachte vorzugehen und nur ganz einzelne Objekte zu konservieren. Der Rest kann über digitale Methoden präsentiert und ergänzt werden.

Diskussion

Am Ende folgte noch die Diskussion mit dem Publikum, wo noch einmal betont wird, dass das Denkmalamt keine Möglichkeit hat, Dinge wiederaufzubauen. Es kommt die Frage, wer für eventuelle Schäden an denkmalgeschützen Objekten aufkommt. Nach dem Gesetz ist in Österreich der Grundeigentümer zuständig, kann aber beim Denkmalamt um finanzielle Unterstützung ansuchen.

Es müssen Modelle entwickelt werden, um den Eigentümer zu entlasten, falls Kosten entstehen.

Das Ziel ist lediglich, die Objekte unberührt zu lassen.

Ebenso wird das Problem der Strukturen angesprochen, die sich genau auf der Staatsgrenze befinden und unter der Zuständigkeit von mehreren Denkmalämter (Venetien, Süd-Tirol, Tirol) liegen.

Die Erfassungen von Seiten des Bundesdenkmalamtes werden bis 2018 auch noch auf dem Gebiet des Bundeslandes Kärnten fortgesetzt.

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