von lf 11.10.2017 18:54 Uhr

Verklärung statt Abriss: Italiens irrwitziger Umgang mit faschistischen Relikten

Passend zur laufenden Debatte über umstrittene Statuen und Symbole der Könföderierten Staaten in den USA: Ein Artikel im renommierten und für seine fundierten Kurzreportagen bekannten US-amerikanischen Magazin „New Yorker“ skizziert treffend die geschichtsklitterische Art und Weise, wie der Staat Italien mit den architektonischen Überbleibseln des Faschismus umgeht.

Bild: Wikimedia/cc

„Warum sind so viele faschistische Denkmäler noch in Italien?“ lautet der Titel des von Ruth Ben-Ghiat, einem Professor für Geschichte und Italienkunde an der New York University, veröffentlichen Artikels.

Darin beschreibt der Autor seine Verwunderung über die nicht stattgefundene Geschichtsaufarbeitung im Stiefelstaat. Auf dem gesamten Staatsgebiet finden sich heute noch Relikte und Spuren aus der Zeit des Faschismus. Anhand mehrerer Fallbeispiele erörtert Ben-Ghiat die seiner Ansicht nach kuriose Art, wie in Italien mit architektonischen Zeugnissen aus der Mussolini-Ära umgegangen wird.

Insbesondere nimmt er beispielshaft Bezug auf das sogenannte „Colosseo quadrato“, auch der „Palast der italienischen Zivilistion“ genannt, welches als Austragungsort der Weltausstellung 1942 dienen hätte sollen und bis heute – unverändert an faschistischer Symbolik – im Herzen der Hauptstadt Rom steht. Zur Verwunderung des Verfassers wird das Bauwerk von offizieller Seite zur „modernistische Ikone“ verklärt, anstatt es als dass was es eigentlich ist zu bezeichnen: Ein Relikt von „abscheulicher faschistischer Aggression“. Im Jahr 2004 vom Staat offiziell zu einem Objekt von „kulturellem Interesse“ erhoben, ermöglichte es eine fünf Jahre andauernde Renovierung des Bautes dem Modelabel „Fendi“, seinen Hauptsitz dort hin zu verlegen. Die weitere Ausführung zeigt: Nur ein Beispiel unter Hunderten.

Während Ben-Ghiat die Aufarbeitung des Nationalsozialismus und die konsequente Entfernung dessen Relikte in Deutschland lobend hervorhebt, rügt er Italien für seine Untätigkeit: Wenn faschistische Monumente auch weiterhin als „entpolitisierte ästhetische Objekte“ behandelt werden, biete man „hässlichen Ideologien“ immer wieder einen Anhaltspunkt, an den sie sich klammern können.

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