Zehntausende demonstrieren für Dialog in Katalonien-Frage
Immer wieder brandeten Sprechchöre auf: „Wir wollen, dass geredet wird“, hieß es da. Mit Blick auf Ministerpräsident Mariano Rajoy und den Chef der katalanischen Regionalregierung, Carles Puigdemont, riefen die Menschen: „Redet oder tretet zurück!“
„Spanien ist besser als seine politischen Führer“, heißt es in der auf der Website “Change.org” veröffentlichten Petition der Initiative, die bis Samstagfrüh 9.000 Menschen unterschrieben.
In Madrid fand wenige Hundert Meter vom Rathaus entfernt eine zweite Demonstration statt. Tausende Menschen protestierten hier gegen die Trennungspläne der wirtschaftsstarken Region. Die zentrale Plaza Colon hatte sich in ein Meer aus spanischen Nationalflaggen verwandelt. „Ich bin Spanier!“, skandierten die Leute. „Katalonien darf sich nicht abspalten, wir sind für die Einheit Spaniens“, sagte die Madrilenin Olga der Deutschen Presse-Agentur.
In Barcelona will der Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa am Sonntag an einer ähnlichen Demonstration teilnehmen. Der Peruaner mit spanischer Staatsangehörigkeit hatte das katalanische Unabhängigkeitsstreben als „Krankheit” verurteilt und vor einem „neuen Bosnien“ gewarnt.
Das katalanische Regionalparlament könnte am Dienstag die Unabhängigkeit von Spanien ausrufen. Eine für Montag geplante Parlamentssitzung hatte das spanische Verfassungsgericht verboten, um die Proklamation der Unabhängigkeit zu verhindern. Regionalpräsident Carles Puigdemont verschob daraufhin seinen Auftritt vor dem katalanischen Parlament auf Dienstag.
Die Fronten zwischen beiden Seiten sind seit dem Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober verhärtet. Dabei hatte sich eine deutliche Mehrheit der Wähler für die Abspaltung der Region ausgesprochen. Allerdings waren nur 43 Prozent der Wahlberechtigten zu den Urnen gegangen. Rajoy lehnt jeden Dialog mit Barcelona ab.
Die Zentralregierung hatte am vergangenen Wochenende mit einem großen Polizeiaufgebot versucht, das vom Verfassungsgericht für rechtswidrig erklärte Referendum zu verhindern. Polizisten schlossen Wahllokale, beschlagnahmten Abstimmungsunterlagen und hinderten Menschen mit Schlagstöcken und Gummigeschoßen an der Stimmabgabe.
Erst am Freitag entschuldigte sich ein Vertreter Madrids für die Polizeigewalt – Hunderte Menschen waren verletzt worden.
APA