Martins Blog

Martin Feichter

04.10.2017

Majestät, diesen Elefanten schießt Ihr nicht

Die Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien waren der Elefant in der Madrider Wohnstube. Er war zwar da, aber niemand pflegte sonderlich gern über ihn zu sprechen. Bis jetzt. Das Referendum am Wochenende hat den Machtkampf um die Einheit Spaniens auf eine neue, gewalttätige Stufe gehievt. Und auch Spaniens Staatsoberhaupt, König Felipe, musste sich nun zur verzwickten Lage im Land zu Wort melden.

APA (dpa)

Ein Kommentar von Martin Feichter

Diplomatisch hat der Bourbone allerdings nicht zu „seinem Volk“ gesprochen. In einer ersten Stellungnahme am Dienstag machte er allein die Katalanen für die schwierige Situation verantwortlich. Und auch zur massiven Polizeigewalt ging dem Monarchen kein einziges Wort über die Lippen. Traurig.

Augenzeugen hielten am Sonntag auf unzähligen Videos fest, wie Beamte der „Guardia Civil“ mit Schlagstöcken auf friedliche Frauen und Männer jeden Alters eindroschen. Nur weil sie bei einem Referendum, das Madrid zuvor für illegal erklärt hatte, ihre Stimme für oder vielleicht auch gegen die Eigenstaatlichkeit abgeben wollten. Laut der katalanischen Regierung sind dabei mehr als 800 Bürger verletzt worden. Ein ganzes Dorf voller Verwundeter.

Die Lage zwischen Katalonien und dem spanischen Zentralstaat spitzt sich schon länger zu. Trotz lautstarker Einwände stutze der spanische Verfassungsgerichtshof im Jahr 2010 das vereinbarte Autonomiestatut zusammen. Aber alle Alarmglocken hätten beim König, der ja als Symbol der Einheit und Beständigkeit Spaniens gilt, vor drei Jahren so richtig schrillen müssen. Denn es war am 9. November 2014, als die autonome Region Katalonien eine erste, selbstverwaltete Volksbefragung zur Unabhängigkeit ihres Landes durchführte. Spätestens dann hätte das offizielle Madrid reagieren und sich gesprächsbereit zeigen sollen. Doch der Nationalstaat hielt sich lieber halbherzig Augen und Ohren zu, anstatt einen wirklichen Dialog zu suchen.

Nun sind die Fronten mehr als verhärtet und die Regierung in Madrid lässt weiter die Muskeln spielen. Der katalanische Knüppelsonntag bildet nur den bislang traurigen Höhepunkt des Konfliktes. Bürgern die Unteilbarkeit des Staates mit Gewalt einbläuen zu wollen, dieser Schuss dürfte gehörig nach hinten losgegangen sein. So wie auch jener Schuss, mit dem der ehemalige spanische König Juan Carlos, Vater von Felipe, vor Jahren einen Elefanten niederstreckte. Keinen sprichwörtlichen diesmal, sondern einen lebendigen. In Afrika.

Dieser Dickhäuter trug, neben anderen Skandalen, dazu bei, dass damals der politische Kopf des Königs rollte. Und der Sohn droht in die Fußstapfen des Vaters zu treten. Dem katalanischen Elefanten hätten die Herrschaften in Madrid aber besser mehr Beachtung geschenkt, bevor er mit seinen Stoßzähnen einen Zacken aus der spanischen Krone bricht. Schießen können sie ihn jedenfalls nicht.


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