von apa 23.03.2017 10:57 Uhr

Auch Kern für Aufschub von EU-Umverteilungsprogramm

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) unterstützt Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) im Streit mit Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) und will für Österreich einen Aufschub bei der Umsetzung des EU-Umverteilungsprogramms von Flüchtlingen.

APA

Österreich habe bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise bereits sehr viel geleistet, deshalb sollte ein bis Ende 2016 gewährter Aufschub noch einmal verlängert werden, sagte Kern Freitagabend in der “Zeit im Bild 2”. An sich sei das 2015 beschlossene Projekt ein richtiges Programm, betonte Kern, es sei aber auch Solidarität von denen einzufordern, die bisher zu wenig gemacht haben. Vor allem osteuropäische Länder haben sich dem Programm bisher mehr oder weniger verweigert.

Ursprünglich hatte sich Österreich verpflichtet, abseits der Zuwanderung über die illegalen Routen 1.491 Flüchtlinge von Griechenland und 462 von Italien zu übernehmen. Bisher wurde im Rahmen des Relocation-Programms aber noch kein Flüchtling übernommen. Sobotka sagte dem italienischen Innenminister Marco Minniti diese Woche jedoch zu, dass Österreich bereit sei, eine bedeutende Anzahl unbegleiteter minderjähriger Migranten aus Italien zu übernehmen.

Verteidigungsminister Doskozil lehnte dies postwendend ab. “Der Innenminister ist gefordert, aufgrund der starken Belastung auf europäischer Ebene eine Ausnahmeregelung zu erwirken, damit Österreich aus dem Relocation-Programm ausgenommen wird”, meinte Doskozil. Sobotka verwies indes auf einen einstimmigen Regierungsbeschluss und den Umstand, dass Bundeskanzler Kern auf EU-Ebene in Brüssel dem Programm mehrmals zugestimmt habe.

“Solange die illegale, unkontrollierte Zuwanderung weiter existiert und Österreich derart stark belastet ist, kann es keinen zusätzlichen legalen Weg für Asylwerber geben”, betonte Doskozil am Donnerstag im Gespräch mit der APA.

“Ich bin derzeit dagegen, dass wir diesen legalen Weg für Asylwerber öffnen”, erklärte Doskozil. Man müsse sich die Verhältnisse ansehen: Österreich sei laut Eurostat 2016 mit rund 36.000 Asylverfahren konfrontiert gewesen, Italien mit rund 120.000 – bei der Bevölkerungszahl betrage das Verhältnis zwischen Österreich und Italien 1:7, bei den Asylverfahren dagegen 1:3. “Das zeigt: Österreich ist in weit größerem Ausmaß belastet als Italien, nämlich doppelt so hoch.”

Vielmehr gehe es darum, Verfahrenszentren außerhalb Europas einzurichten, bekräftigte der Verteidigungsminister seine Forderung. Diese Verfahrenszentren würden einen legalen Weg nach Europa eröffnen, allerdings “unter der strikten Voraussetzung, dass es keine illegale Zuwanderung geben darf”. Eingerichtet werden sollten derartige Verfahrenszentren in Ländern mit stabilen Verhältnissen, vorstellbar sei beispielsweise die afrikanische Republik Niger, sagte Doskozil. Die Verfahrenszentren außerhalb Europas würden auch Griechenland und Italien entlasten, argumentiert der Minister.

Abermals drängte Doskozil auch auf verstärkte Grenzschutzmaßnahmen entlang der Westbalkan-Route. Damit sich österreichische Soldaten auch bilateral in anderen Staaten beim Grenzschutz einbringen können, wird in der Regierung derzeit eine Novelle des Entsendegesetzes verhandelt. Eine endgültige Einigung erwartet Doskozil dazu kommende Woche, ebenso wie beim neuen Sicherheitskabinett für Krisenfälle, das seit längerem etabliert werden soll. Da es sich teilweise um Verfassungsbestimmungen handelt, müssen im parlamentarischen Prozess dann noch die Freiheitlichen oder die Grünen überzeugt werden.

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