Redaktion UT24

07.10.2016

Ein „Nein“ zum römischen Zentralismus – Südtirol muss eigene Wege gehen

Der Publizist Günther Rauch war viele Jahre in leitender Position in Sozial- und Wirtschaftsverbänden tätig. Von 1971 bis 1991 war er auch Mitglied des Bundesvorstandes des größten Gewerkschaftsbundes Italiens CGIL in Rom und kennt darum die italienische politische Szene sehr gut. In diesem Beitrag befasst er sich mit der bevorstehenden italienischen Verfassungsreform und warnt vor der Beschneidung von autonomen Befugnissen und einer unkontrollierten Machtkonzentration.

Günther Rauch, Publizist und Autor

Demnächst wird über die Verfassungsreform abgestimmt, durch die sich Italiens Regierung eine Kosteneinsparung, Verschlankung und Beschleunigung des Politikbetriebes verspricht. Jedoch „Redlichkeit suchst du [in Italien] vergebens, die Meister des Staates sorgen nur für sich“, sagte schon vor 200 Jahren der deutsche Dichterfürst J. W. Goethe.

Bereits bei der Fragestellung auf dem Stimmzettel wird der Wähler in die Irre geleitet. Es werden Propagandabotschaften vermittelt, die kaum zutreffen. Denn mit dieser Reform werden die Staatskosten kaum eingeschränkt und der Senat nicht abgeschafft, man weiß nicht einmal, welche Kompetenzen er hat. Sicher ist nur, dass die Senatoren nicht mehr vom Volk, sondern von der Politkaste selbst bestimmt werden. Zentralismus, Antiregionalismus und Falschspielerei feiern Revival. Die Verfassungsreform ist eng verknüpft mit der Wahlrechtsreform („Italicum“), dem neuen „Porcellum“-Gesetz. Da liegt der Hase im Pfeffer.

Renzi, wie vorher Berlusconi, will dem Wahlsieger im Abgeordnetenhaus einen Mehrheitsbonus garantieren und die Gewaltenteilung absorbieren. Der Weg wird frei für eine „Demokratur“. Der emeritierte Präsident des Verfassungsgerichtest Zagrebelsky spricht gar von „Oligarchie“. Der Partito Democratico und deren Spitzenmann wollen mit einigen wenigen Finanzjongleuren allein regieren.

Zu welchem Ende, unter gut klingenden Vorwänden, die Machtkonzentration in die Hand eines einzigen Mannes in der Geschichte geführt hat, wurde in Italien bereits einmal vorexerziert. Ganz Europa wurde damit verseucht. Gewinnt Renzi das Referendum, wird er vom Bonussystem nicht abgehen. Wie auch immer, demokratische Befugnisse aus der Hand zu geben, kann für die Südtiroler nicht positiv sein. Als Bürgermeister von Florenz hat Renzi ein Wortgeschwader gegen die Sonderautonomien und Eigenständigkeit Südtirols losgelassen. Seine Meinung wird er so schnell nicht gewechselt haben. Erstaunlich war daher die Zustimmung der SVP zur Verfassungsreform, obwohl ein SVP Parl.-Abgeordneter sie als „nicht gut formuliert und voller Widersprüche“ kleinredete. In seltener Offenheit gab er die politische Ohnmacht zu: „Wir [SVP] konnten dem Druck des PD nicht stand halten“, lautete es sinngemäß.

Hoffentlich sind hier keine Eigeninteressen im Spiel. Denn die äußert schwache „Schutzklausel“ (in Wahrheit „Intesa“ genannt) rettet uns nicht vor dem Supremat des italienischen Staates oder dem, wie es im Reformtext heißt, „interesse nazionale“ („übergeordnetem italienischem Interesse“). Kommt da eine Neuauflage der „Alemagna-Autobahn“, des „Tricolore“-Erlasses oder des „Bozner Flughafen“ auf uns zu?

Südtirol muss selbst bestimmen können was für unser Land richtig oder falsch ist, ohne Einmischungen von außen.

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