von fe 06.10.2016 20:35 Uhr

Elmar Thaler: „Wäre ich Italiener, würde ich mich beleidigt fühlen“

Seit einigen Wochen wird wieder eifrig über die Ortsnamenfrage in Südtirol diskutiert. Der Südtiroler Schützenbund tritt nach wie vor für eine historische Lösung ein. UT24 hat dazu den Landeskommandanten, Elmar Thaler, interviewt.

UT24: Herr Thaler, der Südtiroler Schützenbund hat sich erst kürzlich in einer Presseaussendung wieder für die wissenschaftlich fundierte Lösung der Ortsnamenfrage stark gemacht. Warum setzt sich der Schützenbund für dieses Lösungsmodell ein?

Elmar Thaler: Weil es die einzige wirklich gerechte Lösung ist. Wenn wir uns darauf festlegen können, dass all jene Namen die Amtlichkeit verlieren, die seinerzeit aus manipulativen Überlegungen heraus erfunden worden sind, dann wäre der Urzustand wieder hergestellt. Alles andere ist Augenauswischerei und in Wirklichkeit ein Feilschen von ausgewiesenen Nicht-Experten, die politischen Vorgaben zu folgen haben. Die Folge wird sein, dass einfach der Stärkere gewinnt und die Wissenschaft verliert. Das Land hätte in diesen Bereichen primäre Kompetenzen und mit ein wenig Mut könnte eine wissenschaftliche und zugleich faschistisch unbelastete Lösung herbeigeführt werden.

UT24: Dem setzt Kompatscher aber gerne entgegen, dass im Pariser Vertrag die Rede ist von einer Gleichberechtigung der deutschen und italienischen Sprache, auch in der zweisprachigen Ortsnamengebung…

Elmar Thaler: … Ja wenn man das wirklich so auslegen wollte, dann müsste jemand die Frage beantworten können, ob Lana nun pseuoditalienische oder deutsch ist. Wie ist es dann mit Gais oder Elvas? Diese Ortschaften, für die sich Tolomei sonderbarerweise keine pseuoditalienische Entsprechung ausgedacht haben, entsprechen dann auch nicht den Vorgaben des Pariser Vertrages.

UT24: Wenn aber die Sprachen gleichberechtigt sind, sollte sich dies dann nicht auch in den Ortsnamen widerspiegeln?

Genau da liegt der Trugschluss begraben: Bei der Zweisprachigkeit von Namen und Zweisprachigkeit von Wörtern. Namen erfüllen eine andere Funktion als Wörter. Namen bezeichnen. Wörter bedeuten. Eine Übersetzung von Namen ist daher aus synchroner Sicht gar nicht möglich und für die Kommunikation gar nicht notwendig, da Namen keine Bedeutung haben. Sind Namen dennoch in mehrsprachig überliefert, hat dies historische Gründe, die mit der Siedlungs- und Sprachgeschichte und dem historischen Sprachkontakt zusammenhängen.

Für mich ist ein Ortsname eben ein Name, ähnlich einem Vor- oder Nachnamen. Der wird auch im Normalfall nicht übersetzt, egal in welcher Situation man sich befindet. Und wenn jemand die betreffende Person dann doch anders nennen möchte, dann kann er dies ja tun. Nur amtlich gibt es lediglich einen Namen, jenen der im Taufbuch steht und keinen erfundenen. So sollte es sich auch bei Ortsnamen verhalten. Und ich bin überzeugt davon, dass längst nicht alle Mitbürger italienischer Sprache mit der historisch fundierten und somit faschismusfreien Lösung ein Problem hätten …

UT24: … „Io sono contro i toponimi fascisti e per la toponomastica originale del Sudtirolo“. Bei einer Facebook-Aktion des Südtiroler Schützenbundes beteiligten sich auffällig viele italienische Muttersprachler, vor allem aus Welschtirol. Wie erklären Sie sich die Unterstützung der italienischen Sprachgruppe?

Elmar Thaler: Das beweist, dass es keine Frage der Muttersprache sein muss, gegen pseudoitalienische Ortsnamen faschistischer Herkunft zu sein. Diese Menschen, die sich damit für die historische Ortsnamenlösung einsetzen, lieben ihre Heimat, so wie sie ist. Ohne künstliche Namen.

UT24: Vor kurzem sagte Claudio Sartori, Präsident des italienischen Alpenvereins CAI, zu einer italienischen Tageszeitung, dass es große Schwierigkeiten bereite, Touristen die sich am Berg verirrt oder in Not geraten sind zu lokalisieren, da sie die deutschen Ortsbezeichnungen nicht gut aussprechen könnten. Nicht selten würde sogar das Tal verfehlt werden. Was halten Sie von dieser Aussage?

Elmar Thaler: Wäre ich Italiener, so würde ich mich von den Aussagen Claudio Sartoris beleidigt fühlen. Millionen von Italienern finden sich in der ganzen Welt ohne auf ihre Zunge maßgeschneiderte Ortsnamen zurecht. Es ist nicht nachvollziehbar, dass es in Südtirol anders sein sollte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass italienische Urlauber in Welschtirol schnell gefunden werden, während in Nordtirol die Rettungsmannschaften von einem Tal zum anderen eilen um den Verunglückten aufzuspüren. Das ist Humbug. Ebenso wie die von unseren führenden Politikern angedachte „Lösung“ der Ortsnamenfrage.

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  1. 04
    27.03.2023

    Ich bin Österreicher, Wiener und mich geht diese Frage eigentlich Nichts an.
    Dennoch befindet sich Südtirol in einem Land, quasi als Kriegsbeute, welches gegen Österreich nie einen Krieg gewonnen hat, sondern durch Verrat an ihren Verbündeten (Mittelmächte) im 1. Weltkrieg und durch Anschluss an die, am Ende, siegreichen Ententemächte England, Russland, Frankreich) von diesen Südtirol so zusagen geschenkt bekamen. In der heutigen demokratischen und sich immer auf moralische und menschliche Grundwerte berufenden EU hat diese “Besetzung” Südtirols eigentlich keinen Platz mehr. Italien, ein Land welches ich sehr schätze, hochkulturell und sehr schön, kann nicht auf Dauer Anspruch auf Südtirol geltend machen – es sollte die südtiroler Bevölkerung selbst entscheiden dürfen was mit ihnen passiert – ob sie bei Italien bleiben wollen, selbständige sein wollen (Stichwort Liechtenstein) oder ihrer eigentlichen Heimat angeschlossen werden sollen. Die große Kulturnation Italien hat sicher genug Größe um das innerhalb der EU und gemeinsam mit Österreich in freundschaftlicher Weise zu klären.

  2. So-bin-Ich
    07.10.2016

    Genau meine Worte Herr Thaler…

    Machen etwa Italiener nur in Italien Urlaub? Oder bleiben sie beruflich nur in Italien?

    Alles Humbug und reine Lügen um die schleichende Italianisierung/ Faschistisierung zu rechtfertigen!!!

  3. Brennessel
    06.10.2016

    Würden morgen die Chinesen unser Land besetzen, dann tät Kompatscher und Gesinnungsgenossen selbstverständlich deren Verträge für gut befinden.
    Kein Italiener würde nach Italienischen Wegweisern verlangen, wir sind ja schließlich in China.
    Der Lobis wär dann ein Chinese mit italienischen Wurzeln
    und Messner würde sagen jedes Reich braucht eine Mauer an seinen Grenzen.
    Ist doch alles nur eine Frage des Preises.
    Anpassung um des eigenen Vorteils Willen lautet die Devise.

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