Rupert Gietl

05.09.2016

Der Kirchenmusiker als Kriegsheld

Heute vor 100 Jahren erstürmten die Sillianer Standschützen unter dem Kommando von Hauptmann Vinzenz Goller den Gipfel des Forame.

Vinzenz Goller und der Forame. Bild: A. von Mörl /UT24

Am Morgen des 3. September 1916 überfallen italienische Truppen die österreichischen Stellungen auf der Schimpkekuppe (2.718m) und dem Forame (2.817m) und verteiben die Verteidiger des Landwehr-Infanterieregiments Nr. 36 aus Kolomea in der Bukowina (im heutigen Westen der Ukraine).

Dieses hatte im Frühling desselben Jahres schon einmal den benachbarten Rauchkofel verloren.

Der Forame liegt im Westen des Cristallo-Massivs an der Grenze zwischen den Gemeinden Toblach und Anpezo.

Der Gipfel ist von strategischer Bedeutung, kann man doch von dort aus sämtliche österreichische Stellungen vom Gemärk bis zum Monte Piano einsehen und beherrschen.

Dies ist der Moment der Sillianer Standschützen. Geführt werden sie vom Professor für Kirchenmusik Vinzenz Goller aus St. Andrä bei Brixen. Der 1873 geborene Musiker und erfahrene Alpinist hatte sich 1915 freiwillig zu den Standschützen gemeldet und war im Laufe eines Jahres zum Hauptmann aufgestiegen.

Er bietet an, mit 30 Mann den Gipfel zu überfallen und wiederzugewinnen.

In der Nacht zum 5. September erfolgt der Aufstieg unter strömendem Regen und Schneefall. Der damals 19-jährige Unterjäger Josef Ortner Troger aus Abfaltersbach berichtete später:

Langsam, langsam ging es den steilen Grat hinan, der mitunter so scharf war, dass wir im Reitsitz vorwärts rutschen mußten. (…) Steine und Granatsplitter surrten fortwährend um unsere Köpfe und mehreren Kameraden wurden dadurch Mützen vom Kopf geschlagen. Sie flogen auf der einen oder anderen Seite des Grates in die nächtliche Tiefe.

Der Sturm dauert schließlich  kaum mehr als ein paar Minuten. Die durch stundenlanges Artilleriefeuer geschwächten Alpini müssen sich zurückziehen. Die Hälfte der Angreifer ist verwundet, ein Mann, Stefan Huber aus Tessenberg, verstirbt an den Folgen eines Brustschusses.

Der Forame-Gipfel ist wiedergewonnen, die Schimpkekuppe bleibt vorläufig noch in der Hand der Alpini.

Die Standschützen werden mit Auszeichnungen überschüttet, Goller wird schließlich noch bis zum Major und Kommandanten des Standschützenbataillons Pustertal aufsteigen. Er gerät bei Kriegsende in Gefangenschaft, kann aber fliehen und über die Schweiz nach Österreich zurückkehren.

Er lebt nach dem Krieg in Klosterneuburg, geht weiter seiner Lehrtätigkeit für Kirchenmusik nach und wird 1936 sogar Bürgermeister der Stadt. Aber schon 1938 entheben ihn die Nationalsozialisten seines Amtes.

Er stirbt am 11. September 1953 in St. Michael im Lungau.


 

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