von ih 18.12.2017 09:18 Uhr

„Bin weder sein Freund, noch sein Verteidiger“ – Interview

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani, hat im italienischen Staatsfernsehen für einen Eklat gesorgt. Dabei glänzte der Politiker von Forza Italia vor allem mit seiner Unwissenheit zur bereits gängigen Praxis einer doppelten Staatsbürgerschaft für Italiener in Istrien, Dalmatien und Fiume. UT24 hat bei Südtirols EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann nachgefragt, ob er gedenkt, Tajani über seinen Irrtum aufzuklären.

SVP-EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann reagiert auf die umstrittenen Aussagen von Antonio Tanjani - Fotomontage: UT24

 

UT24: Wie erklären Sie sich die Unwissenheit Tajanis im Bezug auf die Praxis der Vergabe der Italienischen Staatsbürgerschaft in Istrien und Dalmatien?

Das müssen Sie ihn selbst fragen. Man muss aber grundsätzlich sagen, dass Italien seine Staatsbürgerschaft nach einem gewissen “ius sangiunis” vergibt. Das heißt, wenn ich einen Vorfahren nachweisen kann, der nach dem Jahr 1861, also der Einigung Italiens, in der italienischen Republik gelebt hat, ich automatisch Anrecht auf die Staatsbürgerschaft habe. Diese Regelung geht so weit, dass es im Moment eine riesige Nachfrage nach einer zweiten Staatsbürgerschaft in der italienischen Botschaft von Caracas in Venezuela gibt. Dort musste deshalb sogar das Personal aufgestockt werden. Bei hunderttausenden ausgewanderten Italienern, die in Südamerika leben, ist das kein Wunder. Würde Österreich seine Staatsbürgerschaft ebenfalls nach diesem Prinzip vergeben, so hätten wir lange schon Anrecht darauf. Denn ich hätte kein Problem damit, einen Vorfahren nachzuweisen, der in Österreich gelebt hat.

UT24: Tajani hat schon vor einigen Wochen die Praxis der Guardia Civil in Katalonien mit den Repressalien in Südtirol zu rechtfertigen versucht – Sie haben aber seinerzeit gesagt, er wäre ein Freund Südtirols?

Ich bin weder sein Freund, noch sein Verteidiger. Es steht mir auch nicht zu, meinen Präsidenten in irgendeiner Form zu kommentieren. Ich habe damals aber gesagt, dass Herr Tajani einer ist, der Südtirol sehr gut kennt und oft hier war. Logischerweise muss man in diesem Zusammenhang auch sehen, dass es eine Konvention des Europarates gibt, die besagt, dass Doppelstaatsbürgerschaften grundsätzlich zu vermeiden sind. Diese Konvention ist auch von Österreich unterschrieben worden. Wenn Tajani seine Bedenken auf dieser Basis begründet hätte, so wäre es sinnvoller gewesen, als irgendwelche Vergleiche anzustellen. Denn die Europäische Union ist im Grunde gegen die Verleihung von zwei Staatsbürgerschaften. Für uns ist die Frage einer doppelten Staatsbürgerschaft für Südtiroler aber durchaus im europäischen Geist zu sehen.

UT24: Haben Sie Hoffnung, dass Tajani seinen Irrtum einsieht und Österreich das zugesteht, was in Italien gängige Praxis ist?

Wenn die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft im europäischen Geiste stattfinden soll, dann muss schon klar sein, dass Österreich auch mit Italien reden muss. Denn es hat keinen Sinn, österreichische Pässe in Südtirol auszuteilen, so lange dies nicht im Einklang mit Rom geschieht. Das ist eine Arbeit, die erst einmal zu erledigen ist. Aber ich denke, das wird Österreich in den nächsten Monaten schon machen.

UT24: Werden sie mit ihm auch darüber sprechen und ihn aufklären, dass Italien das was Österreich plant, schon längst macht?

Das werde ich sicher bei der nächsten Gelegenheit im Europaparlament machen. Mich interessiert es nämlich schon, wie er die ganze Sache sieht.

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