von ih 13.07.2017 19:22 Uhr

Chinesischer Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo ist tot

Der chinesische Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo ist tot. Das teilte die Justizbehörde der Stadt Shenyang, wo der 61-Jährige unter Bewachung im Krankenhaus behandelt wurde, am Donnerstag mit. Er starb demnach an multiplem Organversagen. Der chinesische Bürgerrechtler, der 2009 wegen “Untergrabung der Staatsgewalt” zu elf Jahren Haft verurteilt worden war, litt unter Leberkrebs im Endstadium.

APA (Archiv/AFP)

Mitte Juni wurde sein Gesundheitszustand bekannt gemacht und ihm wurde “Bewährung aus medizinischen Gründen” gewährt. Danach wurde er vom Gefängnis in ein Krankenhaus der nordostchinesischen Stadt Shenyang verlegt. China lehnte jedoch die Ausreise des Schwerkranken mit seiner Frau für eine Klinikbehandlung im Ausland ab, wofür es von zahlreichen westlichen Politikern und Menschenrechtlern scharf kritisiert wurde.

Liu Xiaobo hatte 2010 für seinen Einsatz für Demokratie und Menschenrechte den Nobelpreis erhalten, was Chinas Regierung empörte. Während der Autor die vergangenen Jahre im Gefängnis verbrachte, wurde seine Ehefrau Liu Xia in Peking unter Hausarrest gestellt.

Der Gesundheitszustand des Autors hatte sich nach Angaben seiner Ärzte seit vergangener Woche erheblich verschlechtert. Seit Montag schwebte der Patient demnach in Lebensgefahr und wurde intensivmedizinisch behandelt. Einen Tag vor seinem Tod hatten die Ärzte am Mittwoch mitgeteilt, dass seine Atmung versage und er an Organversagen leide. Seine Familie habe eine künstliche Beatmung abgelehnt.

Die Angaben ließen sich nicht überprüfen, weil sowohl Liu Xiaobo als auch seine Familienmitglieder im Krankenhaus unter Bewachung standen und nicht mit Journalisten sprechen durften. Chinas Zensurbehörden verhinderten, dass inländische Medien über den Fall berichteten.

Zwei ausländische Ärzte, die Liu Xiabo am Wochenende in Shenyang besuchen durften, bestätigten die Diagnose, dass er an Leberkrebs im Endstadium litt. Der Heidelberger Experte Professor Markus Büchler und der US-Krebsspezialist Joseph M. Herman kamen jedoch – anders als ihre chinesischen Kollegen – zu dem Ergebnis, dass Liu Xiabo zu diesem Zeitpunkt noch transportfähig gewesen wäre. Die Kliniken der Unis von Heidelberg und Texas erklärten sich bereit, den chinesischen Patienten aufzunehmen – was Peking jedoch ablehnte.

Der Literaturwissenschaftler Liu Xiaobo hatte schon nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 in Peking wiederholt in Haft gesessen – insgesamt fünf Jahre lang. Sein Leben lang hat sich der Bürgerrechtler friedlich für Demokratie, Menschenrechte und Toleranz in China eingesetzt.

Er war Mitverfasser der 2008 von 300 Intellektuellen unterzeichneten “Charta 08”, in der ein “freier, demokratischer und verfassungsmäßiger Staat” in China gefordert wird.

Das Nobelkomitee gab den chinesischen Behörden eine erhebliche Mitverantwortung am Tod Lius. “Wir finden es zutiefst verstörend, dass Liu Xiaobo nicht in eine Einrichtung verlegt wurde, in der er eine angemessene medizinische Behandlung hätte bekommen können, bevor das Endstadium seiner Krankheit begann”, erklärte die Präsidentin des Komitees, Berit Reiss-Andersen, am Donnerstag in Oslo.

“Die chinesische Regierung trägt eine schwere Verantwortung für seinen vorzeitigen Tod”, fügte sie hinzu. Die chinesischen Behörden hatten am Donnerstag Lius Tod bekannt gegeben. Der Dissident war vor gut einem Monat wegen einer Leberkrebserkrankung vorzeitig aus der Haft entlassen worden – dies wurde vor gut zwei Wochen bekannt.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) erklärte in New York, der Tod von Liu offenbare die “Schonungslosigkeit der chinesischen Regierung gegenüber friedlichen Befürwortern von Menschenrechten und Demokratie”. Der bisher letzte Nobelpreisträger, der in staatlichem Gewahrsam starb, sei 1938 während der Nazi-Herrschaft der deutsche Pazifist Carl von Ossietzky gewesen.

Trotz seiner fortschreitenden Krankheit sei Liu isoliert worden und habe nicht frei über seine medizinische Behandlung entscheiden können, erklärte die HRW-Direktorin für China, Sophie Richardson. “Die Arroganz, Grausamkeit und Herzlosigkeit der chinesischen Regierung sind schockierend – aber Lius Kampf für ein rechtsstaatliches demokratisches China wird weitergehen.”

APA

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