von lf 10.07.2017 09:50 Uhr

„…was für Wichser wieder“ – Philipp Burger im UT24-Interview

Die Südtiroler Band Frei.Wild hat zu den Ausschreitungen in der deutschen Hansestadt ein Musikvideo veröffentlicht und kritisiert damit öffentlich den Extremismus von allen Seiten. UT24 hat mit dem Frontmann der Deutschrocker, Philipp Burger gesprochen, um die Hintergründe des Liedes in Erfahrung zu bringen.

Screenshot: Youtube/Frei.Wild

UT24: Hallo Philipp. Mit eurem Lied „Macht euch endlich alle platt“ habt ihr euch sehr deutlich zu den Ausschreitungen in Hamburg geäußert. Wie kam es dazu?

Nun, man muss hier wirklich etwas weiter ausholen. Solche Geschichten von Vermummten, Extremisten, von Ultra-Radikalen, von Straßenschlachten, von Steineschmeißern und derartig großem Gewaltpotential hat es in den letzten Jahren auf der Welt und letztlich auch in Europa viele gegeben. Nicht nur aktuell in Hamburg und auch nicht nur ausgehend vom schwarzen Block, von Linksradikalen, es gibt sie überall, die Arschlöcher die das sonst sehr wichtige Demonstrationsrecht mit Füßen treten. Es waren viele politische Richtungen und vor allem auch religiös motivierte Gedanken, für welche solche kranke Patienten wie jetzt in HH auf die Straße marschiert sind und die Straßenschluchten zwischen Häuserwänden zum brennenden Wahnsinn aus Zerstörung und Anarchie gemacht haben. Sie schaden allen, das wissen sie, und nein, ich glaube ehrlich gesagt auch, dass es diesen Deppen nicht wirklich um eine etwaige Veränderung als vielmehr um die Gewalt-Spielwiese geht. Im Grunde aber lag die Idee zu diesem Song schon lange in der Pipeline. Jetzt als wir die Bilder aus HH gesehen haben, ist das Fass übergelaufen. Wir dachten uns: Ok, jetzt oder nie, Urlaubsabbruch, und ab an die Arbeit. Das war jetzt schon echt grenzwertig, was die letzte Tage abging. Aber es hat sich ausgezahlt: noch nie hat ein Lied so dermaßen für Traffic gesorgt, außer der Song „Schlagzeile groß, Hirn zu klein“ zu Kubanischen Zeiten.

UT24: Wie waren die Reaktionen bei euren Fans, befreundeten Künstlern und in eurem Umfeld?

Zum einen muss man ja wirklich sagen, dass wir nicht die „Muss man als unbedingt als Kumpels haben“- Band sind. Also in Deutschland ist es jedenfalls wirklich so. Die allermeisten Kollegen mit denen wir uns zumindest die Charts teilen, machen spätestens nach dem Echo- Weltkrieg einen großen Bogen um Frei.Wild. Fast schon auffällig wird es, wenn früher sehr eng mit uns zusammenarbeitende Deutschrockbands plötzlich einen großen Bogen um das Wort „Deutschrock“ machen und zu Punk, zu Streetcore und sonst was mutieren. Diejenigen, die uns aber gut gesonnen sind, und auch offen zu ihrer Freundschaft zu uns stehen, haben uns ihre „Daumen hoch“ oder einige sonst sehr netten Zeilen geschickt. Keine Ahnung was die anderen denken: ob “kluger Schachzug”, oder “was für Wichser wieder”, ich weiß es nicht. Ich glaube aber, dass sich gar einige der Bands, die keines ihrer Interviews und kein Album auslassen, um uns irgendwie ins Spiel zu bringen, um ihre politische Korrektheit zu untermauern, sich jetzt beim Hören des Songs sogar selbst erkennen. Wir möchten einigen einfach unsere Dankbarkeit zeigen und uns bei ihnen für die jahrelange Unterstützung bedanken. In Wort und Musik (lacht).

UT24: Ein komplett neues Lied zu einem aktuellen Thema in so kurzer Zeit zu schreiben, muss euch erst einmal jemand nachmachen. An wen wollt ihr euch mit dem Song hauptsächlich richten?

Ja grundsätzlich an die Aggressoren selbst. An die (so scheint es oft) drogenberauschten Polit- Hochleistungssportler an Flaschen, Steinen und Eisenstangen, die wie im Wahn auf Polizisten, andere Menschen und fremdes Eigentum einschlagen und jede Vernunft ablegen. Dann natürlich auch an all jene, die es noch immer nicht wahr haben wollen, dass sich ganz rechts und ganz links immer dort treffen, wo sie es aber nicht wahrhaben wollen – nämlich an exakt der identischen Scheiß- Stelle außerhalb jeder gesunden Menschlichkeit. Will also heißen: es nimmt sich nichts welcher Farbe sie dienen, weil eben beide Seiten für ihre kranken Ansichten über sämtliche Grenzen schreiten. Wenn ich denke, welche Tränen, welche Aktionen, Aufschreie, Lieder und Statements ich von vielen Kollegen, Medien und Menschen aus dem öffentlichen Leben schon erlebt habe, dann frage ich mich ehrlich, warum hier einige (bis fast alle) rein gar nichts dazu sagen. Manche spielen sogar wieder alles runter und wollen auch den Polizisten die Schuld geben. Dann sehe ich, dass man hier einfach nicht im Stande ist, Menschen nach Taten zu beurteilen, sondern nach Fahne und Sympathie. Wohlgemerkt auf allen Seiten. Es wäre wichtig, einfach unvoreingenommen Stellung zu beziehen – ebenso auf allen Seiten.

UT24: Nach „Unrecht bleibt Unrecht“ habt ihr nun bereits den zweiten Song zu einem heißen Thema, welches das Land zurzeit beschäftigt, veröffentlicht. Werdet ihr eure Fans zukünftig öfters mit unerwarteten Liedern überraschen?

Nein oder sagen wir es anders, vielleicht. Wir möchten weder der getrocknete Lehm von uns selber sein, noch der von anderen. Wir haben wirklich schon immer viele tolle Themen ausgearbeitet und freuen uns auf alles, was die kommenden Zeit bereit hält. Dann werden bestimmt wieder gewisse Dinge gedeihen, von denen wir aktuell noch nicht mal einen Plan haben. Wir denken einfach, dass es wichtig ist, der Stimme seines Herzens und auch seiner Gedanken Gehör zu schenken und den Inhalt daraus auch zur Gitarre und in die Mikrofone zu bringen – belanglos möchten wir echt nicht sein. Dennoch soll es in unseren Liedern im Schwerpunkt um andere, nicht politische Dinge gehen und das wird es auch. Wir möchten in unserer Musik einfach alles, was das Leben spannend und lebenswert macht, im Vordergrund halten – vor allem die schönen und berührenden Dinge. Es wird jedenfalls ein vielschichtiges, hartes, großartiges, sehr musikalisch- melodisches Jahr, wo wir nicht nur uns, sondern auch unsere Freunde, Kollegen und Fans mehr als nur zufrieden stellen werden. Das glaube ich jetzt schon zu erkennen.

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