von st 14.11.2014 16:59 Uhr

Kleinkrankenhäuser: „Umstrukturierung ist nur eine Verlagerung der Kosten“

Die Debatte um die Kleinkrankenhäuser Sterzing, Innichen und Schlanders ist noch immer weit über die betroffenen Gemeinden hinaus aktuell. Unsertirol24 hat mit dem Sterzinger Bürgermeister Dr. Fritz Karl Messner gesprochen. Was er über das Südtiroler Gesundheitssystem sagt, warum die geplante Umstrukturierung nur eine Kostenverlagerung ist und warum Südtirol enger mit dem Bundesland Tirol zusammenarbeiten muss, lesen Sie im Interview.
Bürgermeister Fritz Karl Messner

Im Morgengespräch mit Rai Südtirol erklärten Sie kürzlich, dass Sie es nicht verstehen können, warum im Bereich des Gesundheitswesens zentralisiert werde, anstatt die kleineren Strukturen beizubehalten. Was genau meinen Sie damit?

Messner: Ich bin davon überzeugt, dass ein mehrstufiges System funktioniert. Ich glaube, dass das auch im Gesundheitswesen gilt, was eine kleinere Einheit kostengünstig und sehr bürgernahe bieten kann, das ist vor allem die Grundversorgung, diese sollte man bei der kleinen Einheit lassen. Selbstverständlich sollte es dann in einem Stufenprogramm, wie in jedem modernen Land, dann spezialisierte Einheiten geben, so wie wir sie auch haben.

Wir haben de facto in Südtirol ein dreistufiges System: das Grundversorgungskrankenhaus, beispielsweise Sterzing, Schlanders und Innichen. Dann haben wir die nächstgrößeren Krankenhäuser in Meran, Bruneck und Brixen sowie schließlich das Zentralkrankenhaus in Bozen, das allerdings auch noch nicht ausreicht, denn es braucht auch eine intensive Zusammenarbeit mit der Landesklinik in Innsbruck und einigen Einrichtungen aus dem Süden.

Also gibt und braucht es auch Zusammenarbeit im Gesundheitswesen in Gesamttirol?

Messner: Auf jeden Fall, die gibt es. Es gibt diesbezüglich auch die entsprechenden Transferzahlungen des Landes Südtirol ins Bundesland Tirol. Aber ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass es einen Sinn macht, eine Gynäkologie, Geburtshilfe, eine Chirurgie, eine Medizin und eine Anästhesie vor Ort zu haben. Weil wenn es das nicht gibt, funktioniert die Erste Hilfe nicht in dem Ausmaß. Man sieht dies in Deutschland. Man hat dort kleine chirurgische Abteilungen vor 20 Jahren zugesperrt und macht sie jetzt wieder auf.

Warum?

Messner:Weil es durch die Veralterung der Bevölkerung es zu vielen kleinen Hausunfällen und Unfällen auf der Straße kommt und deshalb sind die großen Krankenhäuser zeitlich überfordert, weil die eigentlich die schwierigen Sachen behandeln müssten. In diesem Sinne glaube ich, führen die kleinen Krankenhäuser dazu, dass es in den größeren weniger lange Wartezeit gibt.

Dasselbe ist auch in der Gynäkologie/Geburtshilfe der Fall. Wenn ich etwas vor Ort machen kann, haben wir wahrscheinlich weniger Andrang auf die größeren Krankenhäuser. Insofern funktioniert unser System recht gut.

Aber auch wenn ich in einem Gesundheitsbezirk bin, um dort einen kleinen Eingriff zu machen, habe aber eine lange Wartezeit – wie es in Bozen mit sechs bis acht Monaten auch der Fall ist – und ich habe die Möglichkeit eine Knie- oder Hüftprothese auch in Sterzing zu bekommen, dann bin ich doch froh, wenn ich sie dort schneller bekomme. Ich bin der Meinung, dass dies eine Errungenschaft ist.

Sie haben Anfang Oktober ihre Parteikollegin und Gesundheitslandesrätin Martha Stocker scharf angegriffen. Was kann Stocker dafür, wenn Rom die finanziellen Mittel streicht?

Messner: Im Gesundheitswesen kommen die Mittel aus dem Landeshaushalt. Rom gibt meistens nur Richtlinien vor, aber nur Richtlinien und keine Gesetze und ich bin der Meinung, wenn man in Südtirol Politik betreiben möchte, sollte man sich nicht immer auf Rom ausreden um bestimmte Ziel zu verfolgen.

Sondern?

Messner: Man soll versuchen, so wie es in der Vergangenheit immer gemacht worden ist, mit Rom so zu verhandeln, dass man für unser Land und unsere Leute das beste herausholt. Und das vermissen wir derzeit.

Also gibt Rom im Gesundheitswesen nur Vorgaben?

Messner: Es gibt Staat-Regionen-Abkommen. Doch wir haben feststellen müssen, dass nicht immer alle unserer Leute anwesend sind, die anwesend sein müssten. Man nimmt das also einfach hin und ich habe das Gefühl, dass man nicht alle Möglichkeiten ausschöpft.

Wobei es ja nur um zwei Bereich geht: um die Verantwortbarkeit und um die Finanzierbarkeit. Ich bin davon überzeugt, dass in diesen beiden Bereichen nichts gespart wird – wie die Landesrätin für die drei kleinen Krankenhäuser vorschlägt -, also durch die Reduzierung in eine Tagesklinik und die Schließung der Geburtshilfestationen. Da wird nichts gespart, das ist nur eine Verlagerung der Kosten in ein nächstgrößeres Krankenhaus.

Wobei man auch noch die Frage stellen muss, wer die Investitionen in den kleinen Krankenhäusern in den letzten Jahren gemacht hat, weil dieselben Investitionen wahrscheinlich noch einmal in den größeren Krankenhäusern gemacht werden müssen.

Also ist die geplante Umstrukturierung nur eine Zentralisierung der Kosten?

Messner: Ja, es ist eine Verlagerung aber nicht eine Einsparung. Einsparungspotenziale gibt es sicher und da sind wir auch bereit gerne mitzureden. Aber in diesem Bereich sind wir der festen Überzeugung, dass sie (Einsparungen, Anm. d. V.) nicht erkennbar sind und dass sie einen großen strukturellen, organisatorischen, personellen und finanziellen Aufwandwand bedeuten würden.

Sie sprachen davon, dass die kleineren Strukturen vorteilhaft sind. Wie sähe es aus, wenn das Land diesbezüglich die Zusammenarbeit mit dem dem Bundesland Tirol verstärken würde?

Messner: Wir Sterzinger sehen uns immer als die Brücke zwischen Süd- und Nordtirol und ich kann eine solche Idee nur befürworten und sie wäre mir sehr recht.

Danke für das Gespräch.

Interview: Lukas Steinwandter

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