Ein Blog von

Georg Dekas

20.02.2019

Verdächtiger Beifall

Unter dem Schlagwort “fridays for future” bestreiken Schüler ein bisschen überall in Europa den Unterricht. Sie gehen auf die Straße und fordern eine wirksamere Klimapolitik. Es soll die Erderwärmung gestoppt werden, hört man. Losgetreten hat die Streikbewegung die 16-jährige schwedische Schülerin Greta Thunberg. (“Skolstrejk för Klimatet!”).

So sind am Freitag, den 15. Februar 2019 auch in Bozen an die 2.000 Oberschüler durch die Stadt gezogen. Vor dem Landtag wurden sie von Politikern aller Farben herzlichst willkommen geheißen. Wie bitte? Schule schwänzen für eine Demo ist ja ganz lustig und gar nicht neu. Aber wenn es etwas gibt, das die Sache verdächtig macht, dann dies!

‘Brav seid Ihr!’, scheinen die Politiker zu sagen, die im Geviert der Macht den Teenagern freundlich zulächeln, in der Menge baden, Interviews geben, sogar selber Spruchbänder in die Höhe halten wie die Grünen, die haarscharf an der Anbiederung vorbei breit grinsend und selbstverständlich korrekt zweisprachig “Ihr habt recht!” plakatieren. Nicht mitten in der Menge versteht sich, sondern von den höheren Stufen des Landtages herab.

Liebe Leute, macht Euch so viel Einverständnis und Wohlwollen nicht wenigstens eine Spur misstrauisch, ha? Nun, die Sache ist diese: Die Onkel und Tanten haben nicht verstanden, um was es Euch geht. Die denken glatt, Ihr geht für das Klima auf die Straße. Für weniger Plastik, für saubere Antriebe und den ganzen Rest.

Das stimmt so sehr und so wenig wie damals, als wir Jungen von einst (1968 & Co.) für die Befreiung der Arbeiter, Frauen und Vietnams auf die Straße gegangen waren. Die edlen Ziele waren uns geschickt eingeflüstert worden, wie wir später entdecken mussten. Macht nix. Denn in Wahrheit waren das Brüllen und die Demo selbst viel wichtiger.

Das Lärmen, Klatschen und das eingehängte Stampfen in Reih und Glied empfanden wir als eine mächtige Ego-Probe, als einen geglückten, “modernen” und geilen Aufstand gegen unsere Alten, die Lehrer, Eltern und Amtsträger aller Art. Es war  unser erwachendes Testosteron, das Regie führte (Die Mädchen blieben vielfach in der Klasse). Das Beste war, wir wurden endlich nicht gelobt, sondern gefürchtet. Wir haben es genossen und gejohlt, wenn die Alten von ihren Rednerpulten herab blitzsaure Mienen zogen und nicht harsch und aufgeregt genug über die undankbare, aufgehetzte und unglaubwürdige Jugend schimpfen konnten. Kurz, es war pubertäre Unbändigkeit und pures Training zur Selbstwerdung.

So muss es auch den Jungen von 2019 ergangen sein, als sie plötzlich entdeckten, welche Macht ein Zug von abertausend Köpfen entfalten kann. Doch der Bozner Schlagreim “Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!” verheißt etwas mehr als nur brave Ökos. Ich glaube, was diese Oberschüler elektrisiert hat, das ist der Sager von Greta, der traurig-finsteren Pippi Langstrumpf für Erwachsene: „Ich will, dass ihr in Panik geratet!“ In Bozen nur Freude, Eierkuchen und leere Coladosen. Na dann, übt mal schön weiter, ihr groß gewordenen Tommys und Anikas.

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