Rupert Gietl

03.09.2018

Österreich-Ungarns letzter Sieg

Heute vor 100 Jahren griffen k.k. Gebirgstruppen die 3.692 Meter hohe Punta San Matteo in einer waghalsigen Aktion an. Es sollte der letzte Sieg des Doppeladlers werden.

Oberleutnant Licka vor der Punta San Matteo

Alles begann mit einem Schneesturm im Sommer.

Im der Nacht vom 12. auf den 13. August 1918 herrschten in der Adamello- und Ortlergruppe arktische Zustände. Ein Orkan aus Eis und polarer Kälte drängte die Soldaten beider Seiten in ihre Unterstände. Doch eine Gruppe von Alpini, den italienschen Gebirgstruppen, arbeitete sich im Schutze von Nacht und Strum an den Gipfel der Punta San Matteo (3.692m) heran und überraschte die österreichischen Verteidiger. Eine alpinistische Höchstleistung war vollbracht.

Die Punta San Matteo – ein wichtiger Punkt in der österreichisch-ungarischen Verteidigungslinie – eröffnete den italienischen Truppen nun eine weite Sicht hinter die gegnerischen Linien und konnte das Einfallstor für weitere Vorstöße auf den Sulzberg und ins Nonstal werden.

Umgehend liefen auf österreichischer Seite die Vorbereitungen zur Rückeroberung an.

Im Spätsommer 1918 ist die desolate Situation der Österreichisch-Ungarischen Armee nicht mehr zu übersehen. Besonders die Versorgung der Soldaten mit angemessener Ausrüstung, Essen und Munition ist sehr schlecht und an vielen Frontabschnitten ist die Moral der Truppen am Boden.

In der Mitte die Punta San Matteo, links der Gipfel des Mantello, rechts der Piz Giumella

Eine gewisse Ausnahme bildeten noch die Sturmbataillone, in denen Freiwillige der einzelnen Divisionen für Spezialeinsätze ausgebildet und besser versorgt wurden. So bestimmte man ausgewählte Soldaten des k.k. Kaiserschützenregiments “Trient” Nr. I für die Rückeroberung der Punta San Matteo, dazu noch Heeresbergführer und die Hochgebirgskompagnie Nr. 30 unter dem Kommando von Hauptmann Luis Molterer.

Vierzehn Tage lang wird an der Planung und Vorbereitung der Aktion gearbeitet: Geschütze und Maschinengewehre wurden in Stellung gebracht, Eiskavernen an den Zugängen angelegt, Munitionsreserven angehäuft. Insgesamt sollten 22.700 Schuss Artilleriemunition bei Nacht und Nebel bereitgestellt worden sein.

Ansichtsskizze Mantello – Punta San Matteo

Eine Gruppe unter dem Kommando von Oberleutnant Tabarelli de Fatis soll gegen die Punta San Matteo aufsteigen, die andere unter der Führung von Oberleutnant Licka gegen den Gipfel des Mantello.

Am 29. August war alles bereit, doch ein neuerlicher Schlechtwettereinbruch mit Orkansturm zwang die 150 Soldaten die Nacht im Stehen in einer winzigen Baracke am Piz Giumella zu verbringen. Dort ist es so eng, dass einzelne Soldaten es vorziehen, die Nacht im Freien zu schlafen.

Das schlechte Wetter hielt drei Tage an und erst am Abend des 3. September 1918 war der Angriff möglich. Um 18 Uhr beginnt ein einstündiges schweres Trommelfeuer auf den Gipfel und unmittelbar danach überwinden die österreichisch-ungarischen Truppen die Drahtverhaue am Gipfel und dringen in die Stellung auf der Punta San Matteo ein. Nach nicht einmal einer halben Stunde ist alles vorbei. Doch nun beginnt das italienische Gegenfeuer und sowohl die gefangenen Alpini, als auch die Österreicher haben noch einmal zahlreiche Todesopfer zu beklagen.

Oberleutnant Wilhelm Licka

Wesentlich schlechter ergeht es gleichzeitig der Gruppe unter Oberleutnant Licka: Die italienische Artillerie zwingt sie, über den sehr steilen Hang der Matteo-Südwand aufzusteigen und über 600 Stufen aus dem Eis auszuschlagen. Durch Geröll und Eis von oben werden immer mehr Männer in die Tiefe gerissen. Doch nun kommt den Männern das Glück zu Hilfe: Am Grat angekommen, finden sie das italienische Maschinengewehr, das sie leicht hätte vernichten können, vollkommen unbesetzt.

Von hier aus ist der Gipfel des Mantello nicht mehr weit und kann nach kurzem Kampf wiedergewonnen werden.

Um 20.30 Uhr ist die Aktion abgeschlossen, die Nacht ist hereingebrochen und alle sind zu Tode erschöpft.

Die höchstgelegene Schlacht des Ersten Weltkrieges war geschlagen, es sollte der letzte Sieg der kaiserlichen Armee gewesen sein.

86 Jahre vergingen, bis im Eis unterhalb des Piz Giumella die sterblichen Überreste von drei Kaiserschützen zu Tage kamen. Es waren Opfer des 3. September 1918. Sie ruhen heute im Soldatenfriedhof von Pejo.

Die Gletscherregion hat sich seit damals starkt verändert: Die Klimaerwärmung läßt das Eis schmelzen und nun treten immer häufiger Ausrüstung und Strukturen von damals ans Tageslicht.

Wichtige Zeugen der schrecklichen Ereignisse, von denen wir hoffen, dass sie sich niemals wiederholen werden.


 

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