Ein Blog von

Georg Dekas

15.04.2018

Die neue Fremdenverkehrswerbung

Das Mailänder Marktforschungsinstitut Astarea hat für die Südtiroler Landesregierung herumgefragt, was die Italiener so über Südtirol denken. Nun soll eine PR-Agentur beauftragt werden, “Geschichten zu erzählen”. Arno Kompatscher will die Sympathien der Fernsehrepublik Italien zurückgewinnen.

Spieglein, Spieglein, an der Wand, wer ist der Beste im ganzen Land? Quelle: Youtube

Für bescheidene 42.000 Euro haben die ländlichen Regierungsbeamten jetzt Zahlen und Prozente bekommen, um ihre „Charme-Offensive“ Richtung Süden begründen zu können. Eine PR-Agentur soll beauftragt werden, “Geschichten zu erzählen”. “Der gute Name Südtirols in Italien” und “Der gute Ruf der Autonomie” sind das Leitmotiv, das Kompatscher und sein erster Imagepfleger Marco Pappalardo ausgeben. Es ist dies der Versuch, einen Stachel zu ziehen, der dem Südtiroler Landeshauptmann seit langem tief im Fleisch sitzt.

Frisch angelobt, sah es der “junge” Provinzgouverneur damals als eine seiner ersten Pflichten an, Südtirols Autonomie im römischen Fernsehen darzustellen. Doch statt zu glänzen und Beifall zu erhaschen, schlug man ihm die Tür ins Gesicht (Porta a Porta, 2014). Ein zweiter Versuch mit einer sehr freundlich gesinnten Moderatorin auf “La 7” ging ebenfalls daneben, weil der Jurist Kompatscher nur Paragraphen spuckte, während sein hemdsärmeliger Kollege Ugo Rossi aus dem Welschtirol die richtige Tonlage des Fernsehens traf: “Venite su a vedere!”

Nun, das tun die besser gestellten Italiener ja schon lange. Sie schätzen Landschaft, Ruhe, Ordnung und Sauberkeit. Das bestätigt  so auch die von Kompatscher in Auftrag gegebene Umfrage. Immerhin mehr als die Hälfte der befragten Italiener kennen Südtirol als Touristen und  schätzen es sehr.

Dabei beweisen die Fremmen, die von unten auer kemmen, ein bemerkenswertes Gespür. Die Südtiroler Gastgeber werden als ziemlich deutsch empfunden: Weniger sympathisch, weniger gesellig und gastfreundlich seien sie, sie redeten nicht gerne italienisch, und überhaupt seien die im Alto Adige „introvertierter“ als die im Trentino. (Klar, jeder kennt die Unterschiede im Audio-Level der jeweiligen Gesellschaften!) Im Deutsch-Klischee nicht fehlen darf die „Aria“, sich überlegen zu fühlen, die Gründlichkeit („Perfektionismus“) und das trockene, deutsche Selbstbewusstsein (“Arroganz“). Und weil gleich und gleich sich gern gesellt, wird den Südtirolern vorgehalten, sie würden den deutschen Gast lieber haben als den italienischen. Soweit bestätigt die Markterhebung der Mailänder alles, was als Volkes Stimme längst schon im Umlauf ist.

Doch mit einer knallharten Zahl in dieser Umfrage haben die Chefkosmetiker des Landes wahrscheinlich nicht gerechnet: 62 Prozent der National-Italiener geben an, sich in Südtirol im Ausland zu fühlen. Was Südtirol in Wahrheit ja auch ist.

Diesem Abbild der Realitäten will Kompatscher jetzt mit einem PR-Konstrukt zu Leibe rücken. “Wir sind nicht besser, sondern anders”, ist der Schlachtruf, mit dem National-Italien die “Sonderautonomie” seines deutschen Nordens besser verkauft werden soll. Dass wir anders sind, das wissen die Angesprochenen offensichtlich schon.

Wenn Kompatscher jetzt das Bild des abweisenden Südtirolers mit schöneren Farben übermalen will, nämlich mit dem “mit Italien solidarischen” Südtiroler, der als “Klassenbester” andere mitnimmt – und das auch noch erzählt mit Geschichten vom Bär -, dann darf ruhig davon ausgegangen werden, dass auch diese dritte Karte nicht sticht. Vielleicht befriedigt sie das Harmonie- und Sympathiebedürfnis einiger Amtsträger. Oder geht als neue Fremdenverkehrswerbung à la SMG in die Geschichte der Eitelkeiten ein.

Macht nix, denn das Vorbild einer einigermaßen guten Selbstverwaltung breitet sich ganz von allein aus. Das Veneto und die Lombardei sind schon schwanger. Und so, wie es heute um den Nationalstaat Italien bestellt ist, sind die Sorgen eines Arno Kompatscher um die Sympathien der Fernsehrepublik Italien ein wirklich versäumbares Bekümmernis.

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