Florian Stumfall

20.04.2023

Des Angriffs Sinn

Es ist eines der wenigen Beispiele dafür, dass die Betreiber des Zeitgeistes ihr Tempo auch einmal zu stark forcieren. Eine Redakteurin der „Tagesschau“ hatte den Versuch unternommen, das unmissverständliche deutsche Wort „Mutter“ zu streichen und durch das Monstrum „gebärende Person“ zu ersetzen. Das war allerdings des revolutionären Eifers zu viel, und der Sender musste einen Rückzieher machen. Doch es wäre falsch, diesen erneuten Anschlag auf die deutsche Sprache als das Versehen einer einzelnen Mitarbeiterin abzutun – denn derlei geschieht nur in einer geistigen Umgebung, die ebenso verrottet wie gleichgeschaltet ist.

„Mutter“ und „gebärende Person“ sind keine Synonyme: Durch die Geburt eines Kindes wird die Gebärerin zur Mutter (Bild von jas auf Pixabay).

Zudem kennzeichnet ein solches ideologisches Milieu, dass dort andere Schwerpunkte gesetzt werden als in der wirklichen Welt. Rücksichten wie die Nähe zur Realität oder die Folgerichtigkeit eines Gedankens, vom Anliegen der Sprachästhetik ganz abgesehen, geraten in den Hintergrund, wenn nicht gar in den Verdacht konterrevolutionärer Bösartigkeit. Dies lässt sich an dem eingangs aufgeführten Beispiel leicht darstellen.
Dadurch nämlich, dass die Redakteuse „Mutter“ durch „gebärende Person“ ersetzt, nimmt sie eine inhaltliche Gleichstellung der beiden Begriffe vor, und das ist nach Wirklichkeit und Logik nicht zulässig. Denn eine „gebärende Person“ ist eine Frau, die, üblicherweise in einem Kreißsaal, gerade dabei ist, ein Kind zur Welt zu bringen. In dem Augenblick aber, da das Kind geboren ist, wird die Gebärerin zur Mutter. Diese Eigenschaft behält sie auf Dauer bei, das Gebären aber ist ein zeitlich begrenzter Vorgang. Die Frau erlebt also beide Kennzeichnungen, aber nicht gleichzeitig, sondern nacheinander.

Anschlag auf die deutsche Sprache

Der Angriff der „Tagesschau“ auf die deutsche Sprache stellt sich also als ein Widerspruch zur Wirklichkeit heraus. Und – um das nicht zu vergessen – ebenso als eine Sünde gegen die Schönheit der Sprache. Doch diese beiden Rücksichten sind aus dem Katalog journalistischer Ansprüche gestrichen, weil im Sinne der Ideologie hinderlich. Hier wirken nämlich ersatzweise völlig andere Maximen. Wie überall, wo es um den Umsturz geht und die Zerstörung des kulturellen Besitzstandes, steckt dahinter der Wahn von der Gleichheit der Menschen, über ihre grundlegenden Rechte hinaus.
Angewandt auf die Mutter und das Ersatzkonstrukt, bedeutet das die sorglose Dreingabe der sprachlichen Fertigkeiten und der Folgerichtigkeit des Denkens. Denn diese beiden Elemente stellen eine erhöhte Anforderung dar, die dem Gleichheitsprinzip widerspricht. Denn im Geleitzug bestimmt der Langsamste die Geschwindigkeit.
Und wenn sich schon die rationalen Anforderungen schmerzlos streichen lassen, dann besteht kein Grund, bei den ästhetischen mehr Skrupel zu zeigen. Der Vorgang ist auch deshalb ein Ärgernis, denn es empört die Frechheit, mit der sich Leute, welche des Deutschen nicht hinreichend mächtig sind, das Recht anmaßen, allen anderen Vorschriften zu erteilen, wie man mit der Sprache umzugehen habe.
Dies also die Angelegenheit, soweit sie die Betreiber der Ideologie betrifft. Nun gibt es jedoch auch das Publikum, die unfreiwilligen Konsumenten. Hier aber erweist sich, dass jene Fehlleistung der „Tagesschau“ nur ein Bestandteil von vielen ist, die das Bild der Welt und damit die allgemeine Einstellung zu ihr verändern sollen. Hier drängt sich ein weiteres Exempel auf. Um darzustellen, wie eng die Medien und die Politik bei der Verwirrung der Sinne zusammenarbeiten, ein Zitat aus der Web-Seite des deutschen Familienministeriums. Dort steht zu lesen: „Es gibt gebärende Männer und zeugende Frauen.“ Da scheint das Bestreben, die Wirklichkeit zu verhöhnen und jede Sicherheit im Menschenleben zu zertrümmern, zum Maßstab der Politik geworden zu sein.
Am Rande und nebenbei: Wo die ARD einen Vorstoß macht, will das ZDF nicht hintanstehen. Kürzlich wurde eine Sendung angekündigt, und diese „geht der Frage nach, wer bestimmt, ob wir Frau, Mann oder nichtbinär sind“. Nun – wollte man sich an die Wirklichkeit halten, so wäre die Frage schnell beantwortet: Das bestimmt der Chromosomensatz im menschlichen Erbgut, letztlich die Frage nach einem vorhandenen oder fehlenden Y-Chromosom. Aber darum geht es den Veränderern der Welt gar nicht. Es geht ihnen darum, zu tilgen, was ist und an die Stelle zu setzen, was eine verschwindend kleine Minderheit haben will.

Kein Versehen eines Einzelnen

Wenn sich die Politik dazu erhebt, Grundwahrheiten zu leugnen und die Erfahrung von Jahrtausenden zu missachten, dann geschieht dies, um die Menschen ihrer inneren Sicherheit und geistigen Ordnung zu berauben. Ist es dann so weit gekommen, wird die Leere mit dem süßen Gift der Ideologie gefüllt. Was wirklich ist, erschließt sich nun nicht mehr durch die Erfahrung, sondern die Vorgabe der Herrschenden und deren illusionäre Zielsetzung. Was dieser nicht entspricht, wird getilgt.
Nun ist festzustellen und erregt bei manchem Erstaunen, dass der Umsturzversuch, dessen Teil die Genderei in allen Verästelungen darstellt, als erstes im Bereich der Gesellschaft ansetzt. Nach aller geschichtlichen Erfahrung war es früher meist so, dass eine revolutionäre Kraft zuerst die politische Macht eroberte und dann, im Besitz derselben und im Gefolge die Gesellschaft durch Maßnahmen unter ihr Joch zwang, die von Gehirnwäschen, Denunziantentum, Strafandrohungen und bis zur Zerstörung von Existenzenreichen. Diesmal sind es diese Maßnahmen, die den Boden für eine politische Allmacht bereiten. Zuerst wird die Gesellschaft verunsichert, belogen, bedroht und ihrer selbst entkleidet, dann kommt die Gewalt des Staates.
Dabei gibt es keinen sichtbaren Punkt, an welchem die Wende unmöglich wird. Die Entwicklung geht langsam und in kleinen Schritten und wie von selber und deshalb für viele unauffällig, weil verschiedene Kräfte in stiller Einigkeit daran arbeiten: fast alle Parteien ebenso wie die weit überwiegende Zahl der Medien, Teile der Kirchen, opportunistische Vertreter von Wissenschaft und Konzernen, die Gewerkschaften und allzu viele von der Politik finanzierte Organisationen.

Kolumne von Dr. Florian Stumfall
Erstveröffentlichung PAZ (redaktion@preussische-allgemeine.de)

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