TikTok, Netflix und Co machen Generation Z zweisprachiger
„Wenn man ständig Inhalte in einer Sprache konsumiert, dann hat das Auswirkungen auf das Gehirn und die psycholinguistische Realität – man wird zunehmend bilingual“, erklärte Davydova ihre Annahme gegenüber der APA. Sie wollte herausfinden, inwiefern das bei der Generation Z wirklich der Fall ist und wie und in welchen Domänen sich die englische Sprache ausbreitet. Gerade Letzteres sei von vorhergehenden Studien noch nicht ausführlich quantifiziert worden. Deswegen hat die Forscherin im Rahmen eines vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekts 630 Vorarlberger Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren zu ihrem Sprachgebrauch und Medienverhalten befragt.
Knapp 57 Prozent der Befragten gaben an, Englisch täglich im Internet zu nutzen. Soziale Netzwerke machen einen großen Anteil davon aus, wobei TikTok (65,9 Prozent) am beliebtesten ist, gefolgt von YouTube (51,3 Prozent) und Facebook und X (vormals Twitter) mit 47,5 Prozent. Zudem sieht sich mehr als die Hälfte mindestens zwei- bis dreimal pro Woche englischsprachige Filme und Serien an. Die Liste der beliebtesten Serien könnte interessanterweise auch Millennials und noch Älteren bekannt vorkommen: „Friends“ und „Grey’s Anatomy“ belegen neben „Peaky Blinders“ die Top-Positionen.
Mehr als die Hälfte der Befragten gab außerdem an, in privaten Gesprächen Englisch neben anderen Sprachen zu verwenden – ein Viertel davon täglich in der Schule in Gesprächen mit Freunden, 19,5 Prozent auch im Kontakt mit engen Freunden und Verwandten. „Dabei hat sich beispielsweise herausgestellt, dass es einen sehr starken Zusammenhang zwischen dem Gebrauch des Englischen auf Social-Media-Plattformen und in spontanen Interaktionen gibt“, erklärte Davydova. Auch eine Korrelation zwischen Englisch-Sprechen im Alltag und dem Schauen von Serien in der englischen Originalfassung sei festzustellen gewesen.
Englisch gewinnt an Bedeutung im westeuropäischen Alltag
Ergänzend zu bestehenden empirischen Arbeiten deuten die Ergebnisse deswegen darauf hin, dass neben Veränderungen im Erlernen der Sprache zumindest in einigen westeuropäischen Ländern das Englische systematisch in traditionelle Bereiche der Muttersprache wie zum Beispiel Privatgespräche eingedrungen sei, wie die Forscherin erklärte. Im Vergleich zu einer identischen Umfrage, die sie vor ungefähr sieben Jahren in Mannheim mit einer durchschnittlich zehn Jahre älteren Kohorte durchgeführt hatte, sei der informelle Gebrauch im alltäglichen Leben deutlich gestiegen – von zehn auf 22,5 Prozent. „Das bedeutet, dass wir eine sichtbare Zunahme der Verwendung des Englischen in der täglichen Sprachpraxis innerhalb kurzer Zeit und unter einem Teil der Jüngeren der gleichen Generation feststellen können“, sagte Davydova.
APA/UT24Â