von aw 11.03.2023 08:30 Uhr

Salvinis Kriegserklärung an Österreich

Es war das Event der Woche: Transport- und Infrastrukturminister Matteo Salvini besucht Bozen. Unter anderem, um über den Warentransport am Brennerkorridor zu sprechen. Dabei hat Salvini vor allem durch eines geglänzt: diplomatisches Ungeschick.

Foto: LPA

„Ausgehend von einem Grundsatz: Es können nicht die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen in Bozen, Trient und im ganzen Land Italien für die Strafen, Verbote und Rechtsverstöße bezahlen, die von jemandem jenseits der Grenze auferlegt wurden“, sagte Salvini bei der anberaumten Pressekonferenz anlässlich seines Besuches.

Der freie Warenverkehr kann aus wichtigen Gründen eingeschränkt werden

Zuerst müsse Österreich, so Salvini, seine illegalen und unbegründeten Verbote, Einschränkungen und Strafen zurückziehen, die zudem keine positiven Auswirkungen hätten, bevor er bereit sei, über Milderungen des Transitverkehrs zu diskutieren. Und dann erneuerte er seine Drohung, die man als Kriegserklärung an Österreich verstehen kann: Österreich verstößt gegen das Gesetz und deshalb denkt er an, gemeinsam mit seinem deutschen Amtskollegen ein Vertragsverletzungsverfahren zu beantragen. Was er nicht sagt, ist die Tatsache, dass italienische Frächter bereits vor wenigen Monaten beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Klage gegen die EU-Kommission wegen der vom Land Tirol verhängten Transitverbote eingereicht haben. Die Klage wurde abgewiesen. Auch, ob eine Klage Italiens und Deutschlands eine Chance hätte, ist fraglich. Walter Obwexer, EU-Rechtsexperte an der Universität Innsbruck, schätzt die Chancen dafür in einem am 13. Februar dieses Jahres bei tirol.orf.at erschienen Beitrag als gering ein: „Der freie Warenverkehr in der Union ist nicht völlig frei, sondern kann aus wichtigen Gründen – unter anderem Umweltschutz und Gesundheitsschutz – eingeschränkt werden. Und Tirol macht nichts anderes, als das, was das Unionsrecht in diesem Kontext auch erlaubt.“

40 Prozent des Lkw-Verkehrs auf der Brennerautobahn sind reiner Umwegverkehr

Es ist ganz klar eine neue Eskalationsstufe erreicht worden in einem schon länger andauernden Konflikt. Auf der einen Seite das Land Tirol, welches versucht die Bevölkerung vor den Belastungen des ausufernden Transit-Verkehrs zu schützen, auf der anderen Seite Italiens Frächter und Wirtschaftstreibende, die in Verkehrsminister Salvini einen Fürsprecher gefunden haben.

Fakt ist, dass Südtirol – vor allem die Brennerstrecke – von einer LKW-Lawine überrollt wird und die Zahlen stetig am Steigen begriffen sind. Die Bewohner der angrenzenden Dörfer können ein Lied davon singen. Fritz Gurgiser, Obmann des Transitforums Austria-Tirol, spielt den schwarzen Peter gar Italien und Deutschland zu. Er sagte zu APA, dass Deutschland und Italien unbedingt mit ihrer LKW-Maut nach oben gehen müssen. Zudem brauche es in Sachen Maut einen Gleichstand mit der Schweiz und Frankreich. In dieselbe Kerbe schlägt Sven Knoll von der Süd-Tiroler Freiheit. Er schreibt in einer Aussendung, dass 40 Prozent des Lkw-Verkehrs auf der Brennerautobahn reiner Umwegverkehr seien, weil der Brenner die günstigste Route ist. Aufgrund des Umstandes, dass der Lkw-Kilometerpreis auf der Südtiroler Brennerautobahn bei nur 18 Cent liegt, während er auf den Autobahnen in der Schweiz bei 84 Cent liegt, brauche sich niemand zu wundern, dass die italienischen Frächter kilometerlange Umwege über den Brenner fahren.

Salvini kann das Poltern nicht lassen

All diese Argumente lassen die Drohung des italienischen Verkehrsministers Salvini etwas weniger einschüchternd erscheinen. Das Sprichwort, ein Hund, der bellt, beißt nicht, scheint in diesem Fall zuzutreffen. Auch wenn uns dieser Konflikt sicherlich noch länger beschäftigen wird. Erst gestern, anlässlich des Transit-Trilogs in Brüssel hat Salvini weiter gepoltert. Das italienische Verkehrsministerium schrieb in einer Aussendung: „Bei den Gesprächen in Brüssel gibt es aufgrund der Unnachgiebigkeit Österreichs keine Einigung. Wien weigert sich nach wie vor, über nächtliche Fahrverbote zu diskutieren, obwohl die Kommission, Deutschland und Italien Anstrengungen unternommen haben, um ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung des Verkehrs entlang des Brenner-Korridors zu schnüren. Rom hat erneut energisch die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gefordert, um eine schwerwiegende Verletzung der EU-Verträge zu beenden.“

Jetzt
,
oder
oder mit versenden.

  1. Unterland
    11.03.2023

    Ich denke Salvini geht es weniger um die Sache sondern um große Auftritte. Zudem nutzt er die Gelegenheit, einen Keil zwischen Südtirol und Österreich zu treiben, was ihm bei dieser Landesregierung auch gelingen wird.

Es gibt neue Nachrichten auf der Startseite