von lif 26.04.2022 08:47 Uhr

Heimatbund besucht Dorf an der Sprachgrenze

Es war kein Kaiserwetter, der Wind blies, als am vergangenen Samstag eine Gruppe von Mitgliedern des Südtiroler Heimatbundes Salurn besichtigte. Für die Führung durch das Dorf konnte Architekt Franz Kosta gewonnen werden, die Lederhosenschneiderei zeigten die beiden Betreiber Norman und Thomas. Bei einer guten Marende in der Stube der Lederwerkstatt wurde zum Abschluss noch diskutiert und natürlich auch politisiert.

Foto: Roland Lang

Als ein echter Salurner, sprachgewandt, humorvoll und voller geschichtlichem Wissen entpuppt sich Architekt Franz Kosta, der bei einem Rundgang die vielen ehemaligen Adelsansitze und das Zehenthaus, wo die Abgabe des sogenannten Zehents, oft in Form von Getreide, Wein oder Obst, abgegeben werden musste. Kosta war nicht umsonst an der Tiroler Sprachgrenze aufgewachsen, seine Erklärungen lockerte er durch Sätze im Nonsberger, Wiener und Trentiner Dialekt gekonnt auf. Vorbei ging es an imposanteRenaissance- und Barock-Ansitze, zu jedem wusste der Architekt etwas zu erzählen.

„Längst vergessen ist auch die Seidenraupenzucht, die ab dem 15. Jahrhundert hier betrieben wurde. Kosta zeigte der Gruppe einige Bäume und die ehemaligen Zuchträume der Seidenraupe im Ansitz Gelmini, deren Familie im Jahre 1788 mit dem Zusatz „zu Kreuzhof“ von Kaiser Josef III. in den Adelstand erhoben wurde. In die Kaiserzeit zurückversetzt fühlten sich die Teilnehmer beim Betreten der alten Stube des Ansitzes, die im Jahre 1650 errichtet wurde. Der Bau der Eisenbahn (1858) führte zu einer radikalen Verminderung der Gästezahl und beendete die Blütezeit des Grenzdorfes“, so der Obmann des Südtiroler Heimatbundes, Roland Lang.

Ein Salurner war auch Rechtsanwalt Dr. Josef Noldin. Kaum aus sibirischer Gefangenschaft zurück organisiert Noldin den Widerstand gegen die Diktatur. In seinem Haus laufen die Fäden der „Katakombenschule“ des Unterlands zusammen. Aber bald reagiert das Regime und zieht den „Aufwiegler“ aus dem Verkehr: Konfinierung auf der Insel Lipari.  Dort, so erzählt Franz Kosta, gab er den italienischsprachigen Konfinierten deutschen Sprachunterricht. Noldin, gesundheitlich gebrochen aus den Jahren des Widerstands, stirbt 41-jährig im Dezember 1929. Mit der Niederlegung eines Blumengestecks ehrte die Heimatbundgruppe diesen großen Tiroler.

Zurück in die Gegenwart geholt wurde die Gruppe bei der Besichtigung der Lederhosenschneiderei Ventura. Norman und Thomas erklärten die Bearbeitung des Hirschleders und das Werden einer Lederhose. Auch Reparaturen und Größen Anpassungen werden in der Werkstatt durchgeführt, so die beiden Brüder.

Foto: Südtiroler Heimatbund

Während der abschließenden Marende ergriff noch Werner Schmid kurz das Wort und erzählte aus seiner Schulzeit in Salurn in den zwanziger Jahren. „Tedesco, via di qua!“ fauchte ihn damals eine italienische Kindergärtnerin an, als er als kleiner Bub den Eingang der deutschen bzw. italienischen Kinderstätte verwechselt hatte.

Zum Abschluss dankte SHB-Obmann Roland Lang Franz Kosta für die sehr interessante Stadtführung und den beiden Ventura-Brüdern für die Führung durch die Lederhosenschneiderei.

Foto: Südtiroler Heimatbund

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