von su 19.07.2020 07:26 Uhr

Plötzlich und unerwartet – wegen Herzversagen

Die Geschichte trägt sich im Pustertal zu. Sie zeigt auf, dass Leben und Tod sehr oft ganz nahe beieinander liegen und es mitunter eine Aneinanderreihung von Umständen ist, die für Glück oder Unglück verantwortlich ist.

Zwischen Leben und Tod - die Geschichte von Herbert.

Herbert (Name geändert) ist wegen einer Unzulänglichkeit seines Hausarztes beinahe gestorben. Wahrscheinlich wäre es nie zu einer Klärung seiner wahren Todesursache gekommen, denn er hätte die Statistik jener erweitert, welche eines „unerwarteten Herzversagens“ gestorben sind.

Füße fotografiert

Im Januar stellt Herbert bei Selbstmessungen fest, dass sein Blutdruck nicht mehr den Normen entspricht. Sein Hausarzt verschreibt ihm ein neues Präparat (Name der Tabletten, UT24 bekannt). Wenige Tage nach Einnahme des neuen Mittels, schwellen Herbert die Füße auf.

Solcherart Beinschwellungen, auch Ödeme genannt, können vielfältige Ursachen haben. Beispielsweise Bewegungsmangel, ein Venenleiden, aber auch Herz- und Nierenleiden können mögliche Auslöser dafür sein.

Herbert fotografiert seine Füße und lässt seinem Hausarzt einige Bilder zukommen. Dieser führt die Ödeme auf das Präparat für die Senkung des Blutdruckes zurück und verschreibt ein alternatives Mittel.

Ich war eine arme Sau

14 Tage später meldet sich Herbert erneut bei seinem Hausarzt und teilt ihm mit, dass sich an den geschwollenen Beinen nichts geändert hat. Daraufhin werden eine Reihe von Untersuchungen der Organe durchgeführt, welche keine Rückschlüsse auf die Ursache der geschwollen Beine zulassen.

Es werden noch eine Reihe von weiteren Mitteln zur Senkung des Blutdruckes ausprobiert. Herbert stellt aber fest, dass diese ihrer Aufgabe, den Blutdruck zu regulieren, nicht nachkommen und die Ödeme auch nicht zurückgehen.

Letztendlich bleibt Herbert beim ersten Medikament, welches zwar Wasser in den Beinen anlegt, aber zumindest den Blutdruck auf Normwerte bringt. Herbert weiß von früheren Erfahrungen, dass eine Gewichtsreduktion den Blutdruck deutlich senkt und er, so glaubt er, wenn er sein Gewicht wieder halbwegs auf Normalwerte bringt, auf dieses Mittel eh verzichten könne.

Mitten in der Corona-Zeit schleicht sich mehr oder minder über Nacht eine Entzündung in Herberts Prostata. Bei seinem Besuch in einer Privatklinik in Brixen, bringt Herbert ein zweites Problem mit.

Nach Arbeiten mit einer Heckenschere kann Herbert am nächsten Tag weder seine Hose zumachen, noch ein Glas mit einer Hand halten, noch sich den Hintern putzen: „Ich war echt eine arme Sau“, sagt Herbert zu UT24.
Der Orthopäde schreibt in seinen Befund: „…begonnen nach anstrengender körperlicher Arbeit. Streckdefizit in beiden Händen – Diagnose ‚Kompressionssyndrom‘ “. Herbert muss über mehrere Tage eine Cortison-Kur absolvieren. Später soll die wahre Ursache von Herberts Gebrechen eine andere sein.

Bisher nicht gekannte Müdigkeit

Herbert spürt indes bei kurzen Gängen mit seinem Hund, eine bisher nicht gekannte Müdigkeit, die sich in schweren Beinen und da und dort auch mit leichten Atembeschwerden bemerkbar macht.

Herbert führt diese Merkmale auf das Cortison und das Antibiotika, welches er wegen seiner akuten Prostatitis über einen längeren Zeitraum einnehmen muss, zurück.

Gegen die geschwollenen Beine versucht es Herbert mit Stützstrümpfen. Die Corona-Ausgangssperre reduziert Herberts Lust, der Sache weiter auf den Grund zu gehen.

Symptome stellen sich sofort wieder ein

Es vergehen mehrere Wochen. Im Mai überfällt Herbert ein weiteres Mal eine Prostatitis. Wieder geht er auf Anraten und Verschreibung des Arztes mit Antibiotika dagegen vor.

Zwischenzeitlich versucht es Herbert noch einmal mit der Heckenschere. Dieses Mal bewusst nur für kurze Zeit.

Die Symptome stellen sich sofort wieder ein. Herbert bekommt langsam aber sicher Angst, eine Muskelkrankheit oder ähnliches zu haben. Andererseits beruhigt er sich mit den durch Corona bedingten Bewegungsmangel.

Der alte Freund und sein Tipp

Im Juli trifft Herbert zufällig einen alten Freund. Die beiden reden auch über ihre Prostata. Herberts Freund empfiehlt einen Arzt, mit dem er sehr gute Erfahrungen gemacht habe. Herbert macht unmittelbar einen Termin und will auch einen aktuellen Blutwertbefund zu der Visite mitbringen.
Herbert weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass das Treffen des alten Freundes und die daraus entstandene Empfehlung eines Urologen, ihm möglicherweise das Leben rettet.

Zur Abfassung einer Bewilligung für die Blutprobe muss Herbert zu der Vertretung seines auf Urlaub weilenden Hausarztes, Er sagt der Urlaubsvertretung was er brauche, nämlich eine Bewilligung für die Bestimmung des PSA-Wertes („Die Bestimmung des Eiweißes PSA im Blutserum dient der Früherkennung von Prostatakrebs. Bei Erkennung von frühen Tumorstadien kann eine komplette Heilung noch möglich sein“, Quelle: Apotheken Umschau).

Derart im Keller

Herbert geht um 8.30 Uhr ins Labor und lässt sich Blut abnehmen. Es vergehen nicht einmal zwei Stunden, bis Herberts Handy läutet. Am anderen Ende der Leitung meldet sich der „leicht aufgeregte“ Arzt, welcher ihm in Vertretung seines Hausarztes die Bewilligung für die Blutprobe ausgestellt hat.

Der Arzt eröffnet ihm sinngemäß, dass er sich gewissermaßen in Lebensgefahr befände. Das Labor hätte ihn angerufen und ihm von zwei Werten berichtet, welche „derart im Keller wären“, dass er jederzeit akute Kreislaufprobleme bis zum Herzstillstand bekommen könne.

Herbert war zunächst einmal baff und fragte: „Ja warum denn?“. Schuld wäre, so der Arzt, das Präparat zur Senkung des Blutdruckes. Er solle möglichst schnell in seine Praxis kommen.

Bei den im Keller befindlichen Werten handle es sich um „Kalium“ und „Chlorid“. Herbert kann sich nichts darunter vorstellen. Vor allem aber wundert er sich, warum im Rahmen einer PSA-Untersuchung solcherart Dinge aufgedeckt würden.

Auch das Labor setzt sich unmittelbar auf die Würdigungsliste von Herbert, denn „dass sich diese jeden Befund anschauen, bevor sie ihn in das Abholkuvert packen oder für den Patienten online stellen“, hat sich Herbert nicht erwartet.

Aus einem Gefühl heraus

Bei der dringend angesetzten Visite sagt die Urlaubsvertretung seines Hausarztes, er habe „aus einem Gefühl heraus, genau diese zwei Werte abfragen wollen – nachdem sie eh nur zwei Euro an Mehrkosten erzeugen“.

Das Medikament zur Senkung des Blutdruckes, welches angeblich „ein gutes“ ist, habe im Falle Herberts nicht nur geschwollene Beine hervorgerufen, sondern auch zwei der wichtigsten Mineralstoffe aus dem Körper geschwemmt. Bei einem erwachsenen Menschen liegt ein Kaliumwert von 3,6 bis 5,0 mmol/l (Millimol pro Liter) im normalen Bereich. (Wichtig! Labore weisen eigene Referenzwerte für ihre Untersuchungen aus.)

Bei Herbert sinkt der Wert auf 1,8 mmol/l. Die Urlaubsvertretung des Hausarztes sagt zu Herbert: „Glauben sie, ihr Arzt hat das nicht absichtlich gemacht“. Die Urlaubsvertretung verschreibt umgehend eine neue Therapie für den Blutdruck und ein Präparat, welches den Kaliumhaushalt von Herbert wieder ins Lot bringen wird.

Herbert hat am nächsten Tag seinen Termin beim Urologen, den ihm sein Freund empfohlen hat. Er sagt ihm aus der Laune eines Neugeborenen heraus, den für den Mediziner unverständlichen Satz: „Sie haben mir das Leben gerettet“.

Lebenswichtiges Kalium

Für das Funktionieren des Herzmuskels

Herbert geht es zwischenzeitlich um einiges besser. Die unmittelbar einsetzende Müdigkeit nach kleinsten Anstrengungen „ist wie verflogen“, sagt Herbert zu UT24.

Er fühle sich langsam wieder wie ein Mensch, der sich auch ins Schwimmbad getrauen würde. Die geschwollenen Beine werden von Tag zu Tag besser – was auf eine lange Wirkung des alten Medikamentes hinweist. Herbert weiß jetzt auch, dass Kalium die Signale von Nervenzellen zu den Muskelzellen weiterleiten.

Er kann sich seinen Totalausfall nach dem Arbeiten mit der Heckenschere erklären und er weiß auch, dass Kalium unter anderem den Flüssigkeitsgehalt und die Erregbarkeit der Zellen reguliert und dass Kalium vor allem für das Funktionieren des Herzmuskels und des Blutdruckes eine entscheidende Rolle spielt.

Dr. Alex Mitterhofer

Mit dem Leben fast nicht vereinbar und kritisch

UT24 spricht mit dem Brunecker Arzt Dr. Alex Mitterhofer und möchte speziell wissen, was es mit dem Elektrolyt Kalium auf sich hat. Als Sportmediziner verweist Dr. Mitterhofer darauf, dass Kalium die Leistung maßgeblich beeinflusst.

Beim Chlorid wäre es ähnlich – beide sind um vieles wichtiger als das Magnesium, das von den Sportlern immer überschätzt wird, sagt Dr. Mitterhofer.

Auf den Kalium-Wert von Herbert angesprochen, sagt der Arzt: „1,8 ist mit dem Leben fast nicht mehr vereinbar und kritisch“.
Mit Sicherheit wäre ein solcher Wert spürbar, denn bereits dann, wenn dieser Wert unter 3 sinkt, können sich Probleme einstellen, „wenn nicht schon vorher“, so Dr. Mitterhofer zu UT24.

„Leistungssportler fühlen sich schon bei tiefnormalen Werten, also um die 3,5 mmol/l unwohl“, so die Einschätzung Dr. Mitterhofers.
Viele Blutdruckmittel würden den Kaliumgehalt maßgeblich beeinflussen, weiß der Arzt aus seiner Praxis.
„Es sind dies vor allem jene mit wassertreibendem Effekt, die sogenannten klassischen Diuretika, die das Kalium ausschwemmen. Dann gibt es die sogenannten Kalium sparenden Diuretika, die das Gegenteil bewirken, also das Kalium ansteigen lassen“, erklärt der Mediziner.

Ein zu hohes Kalium sei noch viel gefährlicher als ein zu niedriges, „da spürt der Patient nicht viel davon und als Folge können tödliche Herzrhythmusstörungen eintreten“. Bei Patienten die Diuretika brauchen, sei es oft eine Gradwanderung, das Kalium im Lot zu halten, „Häufig kombiniert man dann klassische Schleifendiuretika und Kalium sparende Diuretika bis der Kaliumhaushalt stimmt“, so Dr. Mitterhofer. Man müsse zu Beginn häufig Labor-Messungen durchführen, weil jeder Patient anders reagiere, resümiert der Brunecker Arzt.

Herbert wollte nur seinen Blutdruck regulieren und kam dabei dem Tod sehr nahe.

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