von apa 18.01.2019 10:40 Uhr

Sozialdemokrat Löfven wieder schwedischer Regierungschef

Mehr als vier Monate nach der Wahl in Schweden hat das Land wieder einen gewählten Ministerpräsidenten. Der Sozialdemokrat Stefan Löfven erhielt am Freitag im Parlament ausreichend Stimmen, um eine zweite Amtszeit anzutreten. Damit wird der Weg für eine von ihm geführte Minderheitsregierung geebnet und eine vier Monate andauernde Regierungskrise beendet.

APA (Archiv/AFP)

Löfven hatte in zähen Verhandlungen um eine breite Allianz gerungen, die die bei den Wahlen im September erstarkten rechtspopulistischen Schwedendemokraten (SD) ausschließt. Bei der Wahl Anfang September waren Löfvens Sozialdemokraten mit deutlichen Verlusten auf einem historischen Tiefststand gelandet, aber stärkste Kraft geblieben. Aber weder das rot-grüne Lager noch der konservative Block verfügen über eine stabile Mehrheit. Die SD waren als drittstärkste Kraft aus der Wahl hervorgegangen.

Dem 61-Jährigen reichte im Reichstag in Stockholm aus, dass weniger als die Hälfte der 349 Abgeordneten gegen ihn stimmten. Löfven erhielt 115 Ja-Stimmen, 153 votierten gegen ihn. Es gab 77 Enthaltungen, vier Abgeordnete waren abwesend. In Schweden muss ein Kandidat für das Regierungsamt bei der Abstimmung keine Mehrheit haben, sondern es reicht, wenn keine Mehrheit gegen ihn stimmt.

Als Parlamentspräsident Andreas Norlen und kurz darauf auch Löfven vor die Presse traten, sah man ihnen die Erleichterung an. “Das ist eine sehr intensive Zeit mit großer Unsicherheit gewesen”, sagte Norlen über die 131 Tage seit der Parlamentswahl. Löfven verwies auf den wachsenden Einfluss antidemokratischer Parteien in anderen Ländern. Schweden habe Vergleichbares gedroht. “Aber Schweden hat einen anderen Weg gewählt. Und das ist historisch”, sagte Löfven. Das Land bekomme nun eine handlungsfähige Regierung, die nicht auf die rechtspopulistischen Schwedendemokraten angewiesen sei.

Löfven ist seit 2014 schwedischer Ministerpräsident, hatte das Amt nach einem Misstrauensvotum zwei Wochen nach der Wahl aber nur noch geschäftsführend inne. Er gilt als ruhiger Sachpolitiker und guter Verhandlungsführer. Am Montag will er sein neues Kabinett vorstellen und eine Regierungserklärung abgeben. Als einer der wenigen Sozialdemokraten in Europa ist es ihm gelungen, die Macht zu erhalten – und das in einem EU-Land, das wie sonst nur Deutschland und Österreich von der Flüchtlingskrise 2015 betroffen war und wie so viele andere Staaten nach rechts gerückt ist. Schweden nahm 2015 unter Löfven gemessen an der Bevölkerungszahl mehr Menschen als jedes andere EU-Land auf.

In der vergangenen Woche hatten Sozialdemokraten und Grüne mit Zentrumspartei und Liberalen, beide in der vergangenen Legislaturperiode in der Opposition, eine Vereinbarung getroffen, um die Regierungskrise zu beenden. Dabei machte Löfven wichtige Zugeständnisse an die Mitte-Rechts-Parteien, etwa die Lockerung des strengen schwedischen Arbeitsrechts. Der frühere Gewerkschaftsboss Löfven hat sich in der Etat-Übereinkunft auch darauf festgelegt, Steuern zu senken sowie das Arbeits- und Immobilienrecht zu lockern. Das dürfte ihm in seiner sozialdemokratischen Stammwählerschaft Sympathien gekostet haben. Liberale und Zentrumspartei Parteien gehörten bisher zum konservativen Block.

Wie der Moderate Ulf Kristersson war auch Löfven bei einer Abstimmung im Reichstag Ende 2018 durchgefallen. Das hatte es zuvor in Schweden nicht gegeben. Nachdem Löfven schließlich die Liberalen und das Zentrum aus der konservativen Allianz loseisen konnte, hing eine Wahl zum Ministerpräsidenten schließlich von der Hilfe der Linkspartei ab. Linken-Chef Jonas Sjöstedt sicherte am Mittwoch die Enthaltung seiner Partei zu. Damit war der Weg für Löfven frei.

Löfvens Widersacher Kristersson sprach von einem “schlechten Tag für Schweden” – und warf seinen bisherigen Bündnispartnern Doppelmoral vor. Der Chef der Schwedendemokraten, Jimmie Akesson, nannte die Regierungsbildung “absurd und bizarr”.

Glückwünsche kamen hingegen aus Brüssel, Helsinki und Wien. Mit Blick auf die Herausforderungen, vor denen die Europäische Union stehe, freue er sich, weiter auf Löfvens Führungsstärke und Zusammenarbeit zählen zu können, erklärte EU-Ratspräsident Donald Tusk. Auch Finnlands Ministerpräsident Juha Sipilä zählte zu den ersten Gratulanten.

Andreas Schieder, der außenpolitische Sprecher der SPÖ, freute sich über den Sieg Löfvens. “Löfvens Wahl zeigt, dass erfolgreiche sozialdemokratische Politik von den WählerInnen honoriert wird”, erklärte der SPÖ-EU-Spitzenkandida. “Schweden zeigt aber auch, dass sich konservative Parteien gegen eine Zusammenarbeit mit rechtspopulistischen Kräften aussprechen können.”

Auch in Norwegen tut sich etwas an der Regierungsspitze. Ministerpräsidentin Erna Solberg kann dort künftig mit einer Parlamentsmehrheit regieren. Solbergs Minderheitsregierung, die bisher aus ihrer konservativen Partei Höyre, der Fortschrittspartei FrP und der liberalen Venstre bestand, erhält künftig Zuwachs von den Christdemokraten. Die vier Parteien einigten sich auf eine Regierungsgrundlage, wie Solberg am späten Donnerstagabend erklärte.

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