von ih 16.04.2018 10:06 Uhr

Fehlzeiten zeigen mehr an als den Krankenstand

Im Vergleich der Länder und Branchen fallen krankheitsbedingte Fehlzeiten in der Arbeit unterschiedlich aus. 53 Prozent der Südtiroler Erwerbstätigen haben keinen einzigen krankheitsbedingten Fehltag im Jahr – in Italien sind es 49 Prozent, in Österreich 48 Prozent und in Deutschland 42 Prozent der Beschäftigten. „Im Sinne der Gesundheitsförderung für alle Mitarbeiter und der Arbeitseingliederung von chronisch Kranken sind Fehlzeiten ein aussagekräftiger Indikator für die Qualität der Arbeit“, sagt AFI-Präsidentin Christine Pichler.

APA (Gindl)

Bedeutsame Unterschiede gibt es in den einzelnen Wirtschaftszweigen Südtirols: Im Gastgewerbe haben fast drei Viertel der Beschäftigten keinen einzigen Fehltag angegeben (74 Prozent), in der Landwirtschaft 71 Prozent und im Transport 67 Prozent. Im Bildungswesen haben nur mehr 35 Prozent der Beschäftigten in den 12 Monaten vor der Befragung krankheitsbedingt nie gefehlt. Die Öffentliche Verwaltung sowie das Gesundheits- und Sozialwesen verzeichnen vergleichsweise hohe Fehlzeiten. 8 Prozent der Fehltage wegen Krankheit gehen auf Arbeitsunfälle zurück – ein im gesamtstaatlichen und internationalen Vergleich hoher Wert.

Bei den längeren Krankenständen sind im Europavergleich Österreich und Deutschland führend. Dort ist rund ein Fünftel der Beschäftigten elf Tage und länger pro Jahr krankheitsbedingt abwesend, während es in Südtirol nur 12 Prozent in dieser Kategorie sind. 50 Prozent der Beschäftigten in Südtirol sind maximal 5 Arbeitstage im Jahr im Krankenstand. Allgemein geben die mitteleuropäischen und skandinavischen Staaten mehr Fehltage an als Staaten, deren Sozialsystem nicht im selben Maße ausgebaut ist.

Arbeitsabläufe werden gestört

51% der Beschäftigten in Südtirol, die eigentlich krank sind, arbeiten trotzdem („Präsentismus“) – dies ist ein Spitzenwert in der Vergleichsgruppe. 16 Prozent der Erwerbstätigen haben sogar sechs Monate und länger andauernde Beschwerden, arbeiten aber normal weiter. 8 Prozent der Fehltage wegen Krankheit gehen auf Arbeitsunfälle zurück – ein im gesamtstaatlichen und internationalen Vergleich hoher Wert.

Krankheitstage sind allerdings nicht ausschließlich auf wirkliches Kranksein zurückzuführen, sondern sind eher als Rückzugsverhalten oder als Ausdrucksform für Konflikte zu verstehen, hat die Arbeitspsychologie erkannt. „Dass diese Fehlzeiten dem Betrieb nicht zuträglich sind, ist offenkundig: Arbeit bleibt liegen, Arbeitsabläufe werden gestört, die Kollegen kommen unter Druck, und es kann zu Missstimmung im Team kommen. Es liegt somit im Interesse aller diese Art von Arbeitsabwesenheit möglichst zu verringern“, so der Arbeitspsychologe und AFI-Mitarbeiter Tobias Hölbling.

Unternehmen sollten auf Fleiß achten

Genauso sollte es im Interesse des Unternehmens oder der Organisation liegen, genauer auf besonders fleißige Beschäftigte zu achten, welche immer wieder krank zur Arbeit kommen – die sogenannten „Präsentisten“ – denn diese gefährden sich selbst und andere, es steigen Fehlerhäufigkeit und Unfallgefahr. Die volkswirtschaftlichen Kosten des Präsentismus könnten somit in bestimmten Fällen durchaus höher ausfallen, als wenn sich die betroffenen Personen krankmelden würden, schätzen die AFI-Forscher Werner Pramstrahler und Tobias Hölbling.

Gute Arbeitsbedingungen tragen entscheidend zum Erhalt der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit bei. „In diesem Sinn ist die Verringerung von vermeidbaren Fehlzeiten ein Feld, auf dem eine verstärkte Kooperation der Sozialpartner notwendig und sinnvoll ist“, so die AFI-Präsidentin.

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