von apa 10.07.2016 19:48 Uhr

Portugal ist Europameister – 1:0 n.V. gegen Frankreich

Portugal hat auch ohne seinen Superstar den ersten großen Fußball-Titel eingefahren. Die Portugiesen besiegten am Sonntag im EM-Finale in St. Denis bei Paris Gastgeber Frankreich mit 1:0 nach Verlängerung. Kapitän Cristiano Ronaldo war bereits vor der Pause mit einer Knieverletzung ausgeschieden. Das Goldtor erzielte der eingewechselte Eder in der 109. Minute.

APA (AFP)

Die favorisierten Franzosen waren vor 75.868 Zuschauern im Stade de France zwar über lange Zeit die bessere Mannschaft, verpassten aber den dritten Titel in Folge bei einem Heimturnier nach der EM 1984 und der WM 1998. Die Portugiesen waren bisher nur bei der Heim-EM 2004 im Endspiel gestanden, dort aber Außenseiter Griechenland unterlegen (0:1).

Diesmal hatten sie in der Verlängerung das bessere Ende für sich. Erstmals waren in einem EM-Endspiel in der regulären Spielzeit keine Tore gefallen. In der Extraschicht schlug Eder zu. Der in Frankreich bei Lille tätige Stürmer setzte sich gegen Laurent Koscielny durch und traf aus über 20 Metern ins linke Eck. Der 28-Jährige war davor im Turnierverlauf nur zu zwei Kurzeinsätzen gegen Island (1:1) und Österreich (0:0) gekommen.

Frankreichs Teamchef Didier Deschamps hatte auf dieselbe Startformation gesetzt, der er schon im Viertelfinale gegen Island (5:2) und im Halbfinale gegen Deutschland (2:0) vertraut hatte. Bei den Portugiesen stand Abwehrchef Pepe nach seiner Oberschenkelverletzung wieder zur Verfügung. Auch Mittelfeldmann William Carvalho kehrte nach seiner Sperre ins Team zurück.

Portugals Renato Sanches schrieb Geschichte. Mit 18 Jahren löste er Landsmann Ronaldo, der beim verlorenen Finale der Heim-EM 2004 gegen Griechenland 19 Jahre alt gewesen war, als jüngsten Akteur in einem EM-Endspiel ab. Seinen Rekord an Spielen beim Kontinentalturnier baute Ronaldo zwar aus. Der 21. EM-Einsatz seiner Karriere dauerte aber nur 24 Minuten.

Keine einzige Sekunde des Turniers in Frankreich hatte Ronaldo bis dahin verpasst. Im Finale wurde Portugals Kapitän bereits in der achten Minute von Dimitri Payet am Knie erwischt. Das harte Einsteigen des Franzosen blieb ungeahndet. Ronaldo schleppte sich über den Platz, ließ sich behandeln und versuchte es mit einer Bandage am linken Knie – vergeblich. Ronaldo wurde unter Tränen vom Platz getragen, an seiner Stelle kam Ricardo Quaresma.

Davor hatte sich einer der unzähligen Falter im Stade de France auf Ronaldos Gesicht gesetzt. Die Insekten hatten sich im Stadion breitgemacht und nervten Spieler gleichermaßen wie Fans. Der Grund für die Invasion: Aus Sicherheitsgründen war die ganze Nacht davor das Flutlicht aufgedreht gewesen.

Die Franzosen ließen sich von den ungebetenen Gästen nicht beirren, diktierten das Spielgeschehen auch schon vor der Ronaldo-Verletzung. Bei einem Kopfball von Antoine Griezmann, dem mit sechs Toren überragenden Spieler der EM, nach Flanke von Payet musste sich Rui Patricio strecken. Auch den folgenden Kopfball von Speerspitze Olivier Giroud parierte Portugals Keeper (10.).

Die im Turnierverlauf bis dahin defensiv soliden Portugiesen hatten ihre liebe Not. Der auffällige Moussa Sissoko schoss nach einem Solo über das Tor (22.). Einen Schuss des durchsetzungsstarken Flügelspielers nach einer Drehung entschärfte Patricio (34.). Portugal kam nur vereinzelt zu Entlastungsangriffen.

Die Franzosen spielten körperbetont, hatten die Begegnung auch nach Seitenwechsel im Griff. Griezmann, der zuvor aus schwierigem Winkel gescheitert war (58.), ließ die größte Chance aus. Sein Kopfball nach Flanke des eingewechselten Kingsley Coman ging knapp über das Tor (66.). Coman spielte auch Giroud frei. Gegen dessen scharfen Schuss war Patricio einmal mehr auf dem Posten (75.).

Portugals Schlussmann rückte zusehends in den Mittelpunkt. Bei einem Distanzschuss von Sissoko war er ebenfalls zur Stelle (84.). Auf der Gegenseite wurde Hugo Lloris erst in der 80. Minute erstmals geprüft. Eine Flanke von Nani bereitete Frankreichs Kapitän Mühe. Den artistischen Nachschuss von Quaresma hatte Lloris sicher.

Im Finish der regulären Spielzeit trennten den für Giroud eingewechselten Andre-Pierre Gignac nur wenige Zentimeter zum Glück. Der Mexiko-Legionär setzte sich erst gegen Pepe durch, traf aus kurzer Distanz dann aber nur die Stange. Es war der sechste Aluminiumtreffer der Franzosen im Turnierverlauf – EM-Höchstwert.

Vor der Verlängerung kam Ronaldo mit einem Knieverband zurück aufs Feld, um seine Kollegen aufzumuntern. Es schien zu helfen. Raphael Guerreiro traf mit einem – allerdings ungerechtfertigten – Freistoß die Unterkante der Latte (108.). Eine Minute später schlug der als Anspielstation im Sturmzentrum ins Spiel gekommene Eder zu.

Frankreich reagierte geschockt, kassierte nach zuletzt zehn Siegen in Folge ausgerechnet im wichtigsten Spiel wieder eine Niederlage gegen Portugal. Die Chance, als EM-Rekordgewinner mit den dreifachen Titelträgern Spanien und Deutschland gleichzuziehen, war dahin. Schon ihr jüngstes großes Finale, jenes der WM 2006 gegen Italien im Elfmeterschießen, hatten die Franzosen verloren.

Ronaldo war beim Schlusspfiff zum zweiten Mal an diesem Abend in Tränen. Der dreimalige Weltfußballer hat mit seinen Clubs alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Seine Kollegen bescherten dem 31-Jährigen auch den ersten großen Titel mit dem Nationalteam. Portugal, von Teamchef Fernando Santos mit einem Defensivkonzept ins Rennen geschickt, hat nur ein EM-Spiel in der regulären Spielzeit für sich entschieden – das Halbfinale gegen Wales (2:0).

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