von apa 15.12.2017 13:33 Uhr

Tote und Verletzte bei “Tag des Zorns” im Heiligen Land

Nach den muslimischen Freitagsgebeten ist es wegen der Jerusalem-Krise am “Tag des Zorns” erneut zu blutigen Auseinandersetzungen im Heiligen Land gekommen. Mindestens drei Palästinenser starben, rund 400 weitere wurden bei Zusammenstößen mit israelischen Soldaten durch scharfe Munition, Gummimantelgeschoße und Tränengas verletzt.

APA (AFP)

Der größte Teil der Verletzten litt unter dem Kontakt mit Tränengas. Ein Sprecher des palästinensischen Gesundheitsministeriums in Gaza sagte, mehrere Menschen hätten über Atembeschwerden, Herzrasen und Husten geklagt. Er forderte eine Untersuchung, welches Gas verwendet wurde.

Die israelische Armee hatte zuvor erklärt, dass rund 3500 Palästinenser am Rande des Küstengebietes Brandflaschen und Steine auf Soldaten geworfen sowie brennende Reifen gerollt hätten. Soldaten hätten gezielt auf Anführer geschossen. Im Westjordanland hätte es Konfrontationen mit rund 2500 Palästinensern gegeben.

Ein palästinensischer Angreifer im Westjordanland trug bei einer Messerattacke auf einen israelischen Soldaten einen Sprengstoffgürtel, wie die israelische Polizei mitteilte. Er verletzte einen Soldaten leicht mit seinem Messer. Soldaten schossen daraufhin auf den Palästinenser, der ebenfalls verletzt wurde. Unklar war zunächst, ob es sich beim Sprengstoffgürtel um eine Attrappe handelte.

Im Gazastreifen gingen Tausende Palästinenser auf die Straßen, um gegen die Jerusalem-Entscheidung des US-Präsidenten Donald Trump zu protestieren, wie palästinensische Medien berichteten. Unter anderem in Jerusalem, in Bethlehem und am Grenzübergang Qalandia von Jerusalem zum Westjordanland kam es zu Zusammenstößen. Alle palästinensischen Gruppierungen hatten für Freitag zu einem “Tag des Zorns” aufgerufen.

Die israelisch-arabische Stadt Nazareth sagte aus Protest gegen die US-Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt die Weihnachtsfeierlichkeiten ab. “Wir hielten es für angemessen, die Feierlichkeiten zu streichen, weil wir ein untrennbarer Teil des palästinensischen Volkes sind”, zitierte das israelische Fernsehen Bürgermeister Ali Salam. In der Stadt leben vor allem Muslime und arabische Christen. Der Ort, an dem nach christlichem Glauben Jesus Christus geboren wurde, zählt zu den wichtigsten christlichen Städten im Heiligen Land.

Israel hatte 1967 während des Sechs-Tage-Kriegs unter anderem das Westjordanland und den arabischen Ostteil Jerusalems erobert. Israel beansprucht ganz Jerusalem als seine unteilbare Hauptstadt, was international nicht anerkannt wird. Die Palästinenser sehen dagegen in Ost-Jerusalem die künftige Hauptstadt eines unabhängigen Palästinenserstaates.

“Die Juden, die aus Europa rausgeschmissen wurden, werden aus Palästina rausgeschmissen”, sagte ein führendes Mitglied der radikal-islamischen Hamas, Mahmoud al-Zahar, in Gaza. “Das ist das Versprechen von Gott. Unser Hauptziel bleibt die Befreiung Palästinas.” Die Hamas wird von den USA, der EU und Israel als Terrororganisation eingestuft.

Islamwissenschaftler Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik bewertet das Eskalationspotenzial im Heiligen Land allerdings trotz der anhaltenden Unruhen für überschaubar. “Ich glaube auch, dass der von einigen befürchtete Volksaufstand ausbleiben wird”, sagte Steinberg in einem Interview der “Landeszeitung Lüneburg”. “Dafür gibt es keine physischen Möglichkeiten mehr.” Die Palästinenser könnten zwar protestieren. “Aber sie haben kaum Möglichkeiten so aufzutreten, dass es die Israelis schmerzt.”

In der israelisch-arabischen Stadt Sakhnin protestierten laut einem Bericht ebenfalls 10.000 Menschen. Dies schrieb die “Jerusalem Post” unter Berufung auf die Gemeinsame Liste der arabischen Abgeordneten im israelischen Parlament.

US-Vizepräsident Mike Pence trifft auf seiner verschobenen Nahost-Reise wegen des Boykotts der palästinensischen Seite nur israelische Politiker. Pence werde kommende Woche von Mittwoch bis Freitag in Israel sein, wie sein Büro am Donnerstagabend mitteilte. Zuvor reist er nach Ägypten, danach nach Deutschland.

Das Programm des Besuchs weist unter anderem ein Treffen mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu und Präsident Reuven Rivlin aus – aber keines mit palästinensischen Vertretern. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas (Abu Mazen) hatte zuvor wegen der US-Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt ein Treffen mit Pence in Bethlehem abgelehnt.

Pence hatte seinen für Anfang der Woche angesetzten Besuch kurzfristig verschoben. Als Grund nannte seine Sprecherin die geplante Abstimmung im US-Kongress über die Steuerreform.

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