Anton Pelinka analysiert “Die gescheiterte Republik”
Pelinka versucht zu erklären, “warum die Republik zunächst scheiterte, bevor sie erfolgreich sein konnte”. Verantwortlich dafür seien nicht nur welt- und europapolitische Faktoren und ökonomische Rahmenbedingungen, auf die Österreich kaum Einfluss hatte, sondern auch eine (politische) Kultur, die auf das Trennende statt auf das Gemeinsame setzte und die sich mit den aktuellen Herausforderungen kaum beschäftigte, geschweige denn, sich den Kampf für den jungen Staat zu eigen machte. “Kultur war auf das Gestern bezogen – oder auf ein erträumtes Morgen. Die Gegenwart der Republik wurde von der Kultur weitgehend ignoriert.”
Die Ausrufung der Republik sieht Pelinka als “wohl beste Verlegenheitslösung, die im Herbst 1918 politisch möglich war”. Während aber das kleine Österreich mit den neu gegründeten Salzburger Festspielen, der Psychoanalyse und dem “Wiener Kreis” tatsächlich eine kulturelle Großmacht gewesen sei, habe der Verfassungskonsens von 1920 keine belastbare republikanische Identität geschaffen. “Der Ersten Republik fehlte die politische Kultur, von der die Zweite ausgezeichnet werden sollte: ein praktiziertes System der Machtteilung, ausgedrückt in ‘Großen Koalitionen’ und Sozialpartnerschaft”, schreibt Pelinka. “Die Erste Republik scheiterte, weil die an den Bildern von Schwarz oder Weiß, von Gut oder Böse, von unbedingtem Sieg oder totaler Niederlage orientierten politischen Akteure ihr manichäischen Weltbilder nicht hinter sich lassen konnten oder wollten. Die politische Kultur der Ersten Republik war die einer unbedingten Gegnerschaft, die letztlich in offene Feindschaft kippte.”
Am Montag wird das Buch im Wiener Grillparzerhaus vorgestellt. Es moderiert Monika Sommer, die Direktorin des “Haus der Geschichte Österreich”, das in einem Jahr in der Neuen Burg mit einer Republikausstellung eröffnen soll. Mit Pelinka diskutieren Alt-Bundespräsident Heinz Fischer und die Historikerin Birgit Kirchmayr.