Margareth Lun
Sigmundskron: Meilenstein der Bewusstseinsbildung
Die Stimmung war aufgeheizt: Öffentliche Stellen und der soziale Wohnbau waren fast zur Gänze Italienern vorbehalten, die Justiz war politisch beeinflusst – denken wir nur an den Prozess gegen die Pfunderer Buabm, die ohne Beweise jahrelang in Haft waren –, Bedrohungen und Repressalien durch die Streitkräfte waren Gang und Gäbe. Der Auslöser für die Kundgebung war aber schließlich die lapidare Mitteilung des italienischen Innenministers Togni, dass in Bozen weitere 5000 Wohnungen – für italienische Zuwanderer gebaut werden sollten – und das noch 1957!
Obwohl es sich bei der Kundgebung am 17. November 1957 um die größte Demonstration in der Geschichte Südtirols handelt und große Hoffnung bestand, dass Rom reagieren würde, waren die politischen Folgen doch enttäuschend. In der politischen Gebarung des Staates ändert sich noch jahrelang nichts. Sigmundskron wurde kein Sprungbrett der Geschichte. Die Bedeutung von Sigmundskron liegt aber in erster Linie in der Bewusstseinsbildung der Bevölkerung, in der Identifikationsstiftung und in den Impulsen, die sie ausgesandt hat. In einer Vielzahl der Teilnehmer wurde gerade in Sigmundskron die Überzeugung geweckt, etwas für ihre Heimat tun zu müssen – ob es eine einfache Tätigkeit in einer politischen Ortsgruppe war, oder der höchst risikoreiche Einsatz als BAS-Aktivist: Sigmundskron war es gelungen, eine Menschenmenge politisch wachzurütteln.