von ih 09.10.2017 06:12 Uhr

Kataloniens Präsident hält an Unabhängigkeit fest

Trotz einer Massendemonstration in Barcelona gegen die Abspaltung Kataloniens von Spanien hat Regionalregierungschef Carles Puigdemont seine Pläne für die Unabhängigkeit der Region bekräftigt. „Die Unabhängigkeitserklärung (…) ist im Referendumsgesetz vorgesehen. Wir werden das Gesetz befolgen“, sagte Puigdemont am Sonntag in einem Interview des katalanischen Fernsehsenders TV3.

Foto: flickr.com/ Joan Campderrós-i-Canas/cc

Puigdemont bezog sich auf das Anfang September vom Regionalparlament in Barcelona verabschiedete Gesetz, das als rechtliche Grundlage für das Referendum am 1. Oktober gelten sollte, vor der Volksbefragung aber ebenso wie die Befragung selbst vom Verfassungsgericht für illegal erklärt worden war. Es wird erwartet, dass Puigdemont die Unabhängigkeit bei einer Rede am Dienstagabend im Parlament in Barcelona verkünden könnte.

Der Regionalpräsident warf der spanischen Zentralregierung vor, sich einem Dialog zu verweigern.

„Wir haben die Tür zu einer Vermittlung geöffnet, wir haben ‘Ja’ gesagt zu allen uns präsentierten Vermittlungsmöglichkeiten. Die Tage vergehen, und wenn der spanische Staat nicht auf positive Weise reagiert, werden wir das tun, wozu wir hergekommen sind.“


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Die Fronten in Katalonien verhärteten sich unterdessen zunehmend und die Atmosphäre war von wachsendem Nationalismus auf beiden Seiten geprägt. „Es ist wie auf der Titanic, wo das Orchester bis zum Untergang spielt“, kommentierte der bekannte katalanische Journalist Joaquin Luna von der Zeitung La Vanguardia das unbeirrte Festhalten der Regionalregierung an ihrem Unabhängigkeitskurs. Der katalanische Nationalismus habe für einige der vehementesten Verfechter schon fast „religiösen“ Status.

Zuvor hatte der konservative spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy sich erneut unnachgiebig gezeigt. In einem Interview der Zeitung El Pais wies er alle Aufrufe zum Dialog mit den Unabhängigkeitsbefürwortern scharf zurück, solange diese nicht auf die angestrebte Unabhängigkeit verzichteten.

„Spanien wird nicht geteilt werden und die nationale Einheit wird erhalten bleiben“,

stellte er klar.

„Wir werden alle uns zur Verfügung stehenden gesetzgeberischen Instrumente nutzen, um das sicherzustellen.“

Er halte es nicht für ausgeschlossen, Artikel 155 der Verfassung anzuwenden, um Kataloniens Autonomie auszusetzen und die Region unter Verwaltung der Regierung in Madrid zu stellen.

Am Sonntag vor einer Woche hatte Puigdemont ungeachtet eines Verbots durch das Verfassungsgericht und gegen den Willen der Zentralregierung in Madrid ein Referendum über die Unabhängigkeit abhalten lassen. Bei der von den Gegnern der Abspaltung mehrheitlich boykottierten Befragung gewann das “Ja”-Lager mit rund 90 Prozent, die Beteiligung lag nur jedoch bei nur 43 Prozent. Dennoch reklamierte Puigdemont anschließend, damit habe Katalonien das „Recht auf Unabhängigkeit” erlangt. Die spanischen Behörden hatten unter anderem mit Einsatz von Polizeigewalt versucht, die Abstimmung zu verhindern. Millionen Stimmzettel waren beschlagnahmt worden, zahlreiche Stimmlokale wurden geräumt.

In Barcelona waren am Sonntag Hunderttausende Menschen gegen die Abspaltungspläne auf die Straße gegangen. Auf ihrem Marsch durch das Zentrum der Regionalhauptstadt Barcelona skandierten die Demonstranten am Sonntag unter anderem „Ich bin Spanier“ und „Viva Espana“.

Der Chef der spanischen Linkspartei Podemos, Pablo Iglesias, warnte Puigdemont, auf keinen Fall bis zum Äußersten zu gehen. „Wir raten der katalanischen Regierung zur Vorsicht: Erklären Sie nicht einseitig die Unabhängigkeit!“, sagte er der Frankfurter Rundschau. Wenn man das Terrain der politischen Auseinandersetzung verlasse, könne man sehr schnell auf das gefährliche Terrain der Verhaftungen, des Verbotes politischer Parteien, der Ausgangssperre, und der Versammlungsverbote geraten, sagte Iglesias.

Er hatte sich mit den katalanischen Nationalisten solidarisch erklärt und wegen der Polizeigewalt beim Referendum ein EU-Sanktionsverfahren gegen Spanien ins Spiel gebracht.

APA

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