von fe 17.07.2017 17:13 Uhr

Italien dementiert temporäre Visa für Migranten

Der italienische Außenminister Angelino Alfano hat am Montag Medienberichte dementiert, laut denen Italien temporäre Visa für Migranten plane. “Dieses Thema steht nicht auf der Tagesordnung. Wir verfolgen eine globale Strategie, die zu einer europäischen Kooperation im Umgang mit der Flüchtlingskrise führen soll”. Indes blockiert Italien die Verlängerung des EU-Militäreinsatzes vor Libyen.

APA (AFP)

Zuvor hatten Medien berichtet, dass die Regierung in Rom aus Protest gegen die schleppende Umverteilung von Flüchtlingen an die Verteilung von temporären Visa an Migranten denke. Damit könnten bis zu 200.000 Migranten Italien verlassen und ihre Angehörigen in anderen EU-Ländern erreichen, hieß es nach Medienangaben.

“Die Aussicht, dass vorübergehende Visa verteilt werden, ist eine Möglichkeit, über die ich mit Innenminister Marco Minniti gesprochen habe und die jetzt von der Regierung geprüft wird”, berichtete Senator Luigi Manconi, Präsident der parlamentarischen Kommission zum Menschenrechtsschutz. Bereits 2011 hatte die Regierung von Silvio Berlusconi an tausende tunesische Migranten aus humanitären Gründen Visa vergeben.

Auf die Frage, ob die Vergabe der Visa eine Reaktion Italiens auf die schleppende Umsetzung des Relocation-Programms sei, antwortete Manconi: “Es ist keine Drohung”. “Doch angesichts eines tauben Europas könnte die Regierung andere Schritte als eine illegale Initiative wie eine Hafensperre für Flüchtlingsschiffe ergreifen”, berichtete Manconi.

Die angeblichen Pläne der Regierung lösten in Rom hitzige Diskussionen aus. “Auch in dieser schwierigen Zeit muss man einen klaren Kopf bewahren. In Europa gewinnt man nicht mit einem Kraftakt die Aufmerksamkeit der europäischen Leader. Der einzig mögliche Weg ist jener der Diplomatie und des Dialogs”, erklärte die Europa-Abgeordnete der rechtskonservativen Forza Italia, Lara Comi. “Temporäre Visa für Migranten sind eine Lösung, wenn die EU-Länder sich weiterhin weigern, sich am Relocation-Programm zu beteiligen”, betonte Elisabetta Gualmini, Politikerin der Demokratischen Partei (PD) um Ex-Premier Matteo Renzi.

Italien blockiert indes die Verlängerung des EU-Militäreinsatzes vor der libyschen Küste. Weil die Regierung in Rom kurzfristig weiteren Prüfbedarf ankündigte, konnten die EU-Außenminister am Montag nicht wie geplant ein erweitertes Mandat für die Operation Sophia beschließen. In ihrem Entschluss hieß es deshalb lediglich, sie wollten die Mission “unterstützen”.

Es sei nicht auszuschließen, dass Italien mit der Blockade Zugeständnisse anderer Staaten bei der Aufnahme von Migranten erzwingen wolle, hieß es aus Diplomatenkreisen. Für Italien ist der EU-Einsatz bereits seit einiger Zeit mehr Problem als Hilfe. Das liegt vor allem daran, dass sich die Regierung 2015 damit einverstanden erklärt hatte, dass am Rande des Einsatzes gerettete Migranten in italienische Häfen gebracht werden. Damals war noch nicht absehbar gewesen, dass die eigentlich für den Kampf gegen Schlepperkriminalität losgeschickten EU-Schiffe Zehntausende Menschen an Bord nehmen würden.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini zeigte sich bei dem Außenministertreffen in Brüssel optimistisch, dass die Laufzeit des Einsatzes wie geplant bis zum 31. Dezember 2018 verlängert werden könne. Das aktuelle Mandat ende erst Ende Juli, sagte sie in Brüssel. Bis dahin seien noch ein paar Wochen Zeit.

Circa 30 Bürgermeister in der sizilianischen Provinz Messina protestieren unterdessen gegen neue Migrantenankünfte. Ihre Gemeinden seien nicht in der Lage, die Last weiterer Flüchtlinge zu ertragen, sagten sie. Den Protest führt der Bürgermeister der Gemeinde Castell ́Umberto, Enzo Lionetto, in der 50 Migranten eingetroffen sind.

Lionetto beschuldigte das Innenministerium, die Migranten ohne die Zustimmung der Gemeinde nach Castell ́Umberto entsendet zu haben. Er protestierte vor dem Hotel, in dem die Migranten untergebracht werden sollen. Weitere Bürgermeister der Gegend schlossen sich dem Protest an. Auch sie sind mit Ankünften von Migranten konfrontiert. Sie klagten über eine “Invasion”.

Die Präfektin von Messina, Francesca Ferrandino, berief 45 Bürgermeister aus dem Raum von Messina zu einem Treffen ein, um über die Lage der Flüchtlingen zu diskutieren. Angesichts der jüngsten Ankunft tausender Migranten sucht das italienische Innenministerium auf Sizilien nach zusätzlichen Unterkünften für Flüchtlinge. Tausende neue Plätze sollen in den nächsten Monaten in Kasernen, Sporthallen und anderen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden.

Die Zahl der Flüchtlinge, die seit Anfang 2017 über das Mittelmeer nach Italien gekommen sind, ist gegenüber dem Vergleichszeitraum 2016 stark gestiegen. Rund 90.000 Flüchtende erreichten die italienische Küste seit Jahresbeginn.

APA

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