von red 27.06.2017 09:59 Uhr

Wie versucht wurde, Wien unter Druck zu setzen

Foto: Reinhard Olt

Von Dr. Reinhard Olt.

Manöver-Unglück oder „Gladio“-Aktion?

Ob es sich tatsächlich um ein Attentat, um ein Manöver-Unglück auf dem Kreuzbergsattel (ital. „Passo di Monte Croce di Comelico“), wo das italienische Heer eine Verminungsübung durchführte, oder um eine Falle für Südtiroler Freiheitskämpfer gehandelt hat, in die dann, bedingt durch schlechte Koordination, eigene Leute hineinliefen, oder ob es eine Geheimdienst- bzw. „Gladio“-Aktion im Rahmen der „Strategie der Spannung“ war, bei der selbst das Leben eigener Leute in Kauf genommen ward: Das dürfte erst verifizierbar sein, wenn Italien die entsprechenden Archivalien, sofern nicht ohnehin längst vernichtet, freigibt. Erhebliche Zweifel an der offiziellen Version hegten neben österreichischen Blättern – zumindest anfangs – auch italienische Journalisten wie etwa Giuseppe Gaddi.

Der Wiener „Expreß“ meldete, die österreichischen Behörden gelangten immer mehr zu der Überzeugung, dass der angebliche „Terroristenanschlag“ in Wahrheit ein Unglück gewesen sei: „Inzwischen sind Zweifel an der Echtheit des Attentats aufgetaucht. Die österreichischen Behörden glauben immer mehr, daß der Terroristenanschlag ein Unglück war. Aussagen bestätigen, daß zur Zeit der Explosion italienische Fallschirmjäger ganz in der Nähe eine militärische Übung abhielten. E-Werks-Angestellte hätten auch keinerlei Fußspuren am Tatort feststellen können.“ Und die „Tiroler Tageszeitung“, alles andere als den Südtiroler Freiheitskämpfern wohlgesonnen, blieb aufgrund eigener Recherchen beharrlich dabei, dass es sich bei dem Vorfall um ein Unglück gehandelt habe: Der sich ständig widersprechende Kommandant des zuständigen IV. Armee-Korps, General Marchesi, und die ebenso wechselnden Aussagen der amtlichen italienischen Nachrichtenagentur ANSA seien dafür Hinweis genug.

Tatsächlich hatte ANSA am Nachmittag des 26. Juni, also ein Tag nach dem Vorfall auf der Porzescharte, gemeldet, die vier Soldaten seien bei einem „Manöver-Unglück“ (!) am Kreuzbergsattel ums Leben gekommen seien. Wenig später wurde diese Meldung zurückgezogen, statt des Unglücks nun ein Attentat und als Ort des Geschehens die Porzescharte genannt.

Vorwand, Wien unter Druck zu setzen

Plausibel begründet lautet daher eine von Speckners Hypothesen, die auf dem unweit gelegenen Kreuzbergsattel einem Unfall zum Opfer Gefallenen könnten herbeigeschafft worden sein, um im damals angespannten bilateralen Verhältnis Rom-Wien Österreich der „Begünstigung von Terroristen“, ja selbst des „Staatsterrorismus“ zu bezichtigen. Politisch nahm Italien das angebliche „Porze-Attentat“ zum Vorwand, um sein Veto gegen den Beginn von Verhandlungen über Österreichs EWG-Assoziierungsbegehr einzulegen. Außenminister Amintore Fanfani hatte die italienische Delegation bei der Hohen Behörde der Montanunion, dem Vorgängerorgan der EG-Kommission, am 28. Juni angewiesen, sich der Aufnahme von Verhandlungen mit Österreich, dessen Regierung am 15. Dezember 1966 einen entsprechenden Antrag gestellt hatte, so lange zu widersetzen, bis Wien bewiesen habe, dass sein Staatsgebiet „nicht länger als Operationsbasis der Terroristen diene, die in Italien Attentate verübten“. Am 1. Juli unterrichtete er seine Botschafter in den EWG-Staaten, dass Rom weitere Verhandlungen Österreichs mit der EWG nicht zulassen werde, bis Wien widerlegen könne, dass sein Territorium „zur Vorbereitung und Verherrlichung von Terrorakten sowie Beherbergung für die Südtirol-Attentäter“ diene. Im Zeichen des italienischen Kampfes gegen die sogenannten „Südtirol-Terroristen“ wurde das vermeintliche Ereignis auf der Porzescharte also genutzt, um Österreich politisch unter Druck zu setzen. Infolgedessen erhielt das Bundesheer den Auftrag, unter dem Kennwort „Grenzeinsatz Süd“ den Gendarmerie-Einheiten bei Kontroll- und Sicherheitsmaßnahmen zu assistieren.

Regierung Klaus: Staatspolitisch notwendige Vorgangsweise

Die ÖVP-Alleinregierung unter Josef Klaus (1966-1970) war sichtlich bemüht, den Konflikt möglichst rasch beizulegen. Der Tiroler Landeshauptmann Eduard Wallnöfer (1963-1987), sein Parteifreund, musste Einsicht für die „staatspolitisch notwendige Vorgangsweise“ zeigen, wenngleich er BAS-Leute in Schutz nahm und ihnen die Flucht nach Bayern ermöglichte. Der aus Tirol stammende Innenminister Franz Hetzenauer (ÖVP) war in einer delikaten „Zwittersituation“, wie er es selbst nannte. Österreich übernahm noch vor Erstellung des ersten „Tatort“-Protokolls der italienisch-österreichischen „Untersuchungskommission“ auf der Porzescharte mit Ministerratsbeschluss vom 4. Juli die offizielle italienische Darstellung, erklärte das Ereignis zu einem „Anschlag“ und fahndete nach den vermeintlichen Attentätern. Wiewohl das von Italien an Österreich übergebene „Beweismaterial“ mehr Zweifel hätte entstehen lassen als Klarheit erbringen müssen, wurden die drei „Tatverdächtigen“ Kienesberger, Hartung und Kufner verhaftet. Und im Rahmen der österreichischen Porzescharten-Prozesse wurden Richter von Regierungsseite nachweislich darauf aufmerksam gemacht, dass eine Verurteilung „außenpolitisch von Vorteil“ wäre.

„Strategie der Spannung“

Der Vorfall auf der Porzescharte passte im Rahmen der gesamten Südtirol-Problematik auch nur allzugut in die „Strategie der Spannung“. Mit der „strategia della tensione“ trachteten verschwörerische Kreise – organisiert in geheim(bündlerisch)en Vereinigungen neofaschistischen Zuschnitts wie „Ordine nuovo“ und Avanguardia Nazionale“, aber auch verankert in Teilen italienischer Dienste sowie des geheimen „Gladio“-Netzwerks des Militärs – danach, die gesellschaftliche Unterfütterung für einen (letztlich erfolglos gebliebenen) Wechsel in Italien hin zu einem autoritären Regime zu bereiten. Im Rahmen dieser Strategie gab es durchaus nicht wenige „getürkte“ Attentat(sversuch)e, von denen Senator Marco Boato im 1992 veröffentlichten parlamentarischen Untersuchungsbericht auch auf Südtirol bezogene auflisten ließ.

Höchst aufschlussreich sind Passagen, in denen die Namen der besonders in die verschwörerischen Südtirol-Aktivitäten involvierten Personen aufgelistet sind und in denen der Carabinieri-Oberst Amos Spiazzi bekundet, dass „der Staatsapparat in den Südtirol-Terrorismus involviert gewesen“ sei. Schon 1990 hatte der venezianische Untersuchungsrichter Felice Casson aufgrund seiner Recherchen in den Archiven des Militär-Abschirmdienstes SISMI die Existenz einer „geheimen komplexen Struktur innerhalb des italienischen Staates“ aufgedeckt, 622 Gladio-Mitglieder namhaft gemacht und herausgefunden, dass
– Mitarbeiter des SISMI respektive der Vorgängerorganisationen SID und SIFAR
– Mitglieder neofaschistischer Organisationen wie „Avanguardia Nazionale“ und „Ordine Nuovo“
РAngeh̦rige des Gladio-Netzwerks, die u. a. in Gruppierungen wie API (Associazione Protezione Italiani) und MIA (Movimento Italiani Alto Adige) wirkten,
zwischen 1960 und 1980 „zahlreiche politisch motivierte Terroranschläge und Morde in Italien begangen“ hatten. Oberster Drahtzieher war General Giovanni De Lorenzo, ursprünglich Leiter des Militärgeheimdienstes SIFAR, danach Kommandeur der Carabinieri-Truppe, aus der heraus er Vertrauensleute ins Gladio-Netz einschleuste.

Geheim(dienstliche)e Umtriebe

Der Gladio-Prozeß in Rom 1994 warf ein bezeichnendes Licht auf die Umtriebe De Lorenzos und seiner Mannen, auch in Südtirol. Angeklagt waren unter anderen General Paolo Inzerilli, ehemaliger SISMI-Chef und Kommandeur der illegalen Gladio-Einheiten sowie das Gladio-Mitglied Francesco Stoppani. Eigens dazu angeworben, sollte Stoppani Kienesberger entweder nach Italien entführen oder liquidieren. Inzerilli hatte in dem Verfahren die früheren Minister Attilio Ruffini und Virginio Rognoni – beide bekleideten in diversen Kabinetten Ministerämter – beschuldigt, von alldem gewusst zu haben. Schließlich und endlich stellte Peppino Zangrando, als Präsident der Belluneser Anwaltskammer von hoher Reputation, in der „Causa Porzescharte“, in der er jahrelang recherchiert hatte, ein Attentat des BAS in Abrede. 1994 wollte er den Fall neu aufrollen, sein Wiederaufnahmeantrag scheiterte aber an der Staatsanwaltschaft.


Hier geht es weiter:

Wie das florentinische Schandurteil bis in die heutige Zeit hineinwirkt – Teil 3


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  1. swiss-austrianer
    23.07.2017

    Dunque, il Suo politico italiano – meridionlae tirolese politico tranne -, tenga la poccasu politici austriaci! Sono perfino dellôppinione, Suo avete la “piu sporcizia altri ad essere” die altro Il Signor Josef Klaus – a suo tempo cancelliere federale austriaco – era a suo tempo mi – ero allora ca. 20 anni vecchio , giâ sommamente sospetto ed ora si ha confermato questa stima; questo alla mia stima con la ” sporcizia, ed esere” . Qui c’e~probabilmente ad italiano un a senso altra affermazione!

  2. swiss-austrianer
    23.07.2017

    Also, Ihr italienischen Politiker – Südtiroler Politiker ausgenommen -, halten Sie den Mund über österreichische Politiker! Ich bin sogar der Meinung, Ihr habt “mehr Dreck am Stecken” als andere anderen! Herr Josef Klaus – seinerzeit österreichischer Bundeskanzler – war mir seinerzeit – ich war damals ca. 20 Jahre alt – schon höchst suspekt und nun hat sich diese Einschätzung bestätigt; das zu meiner Einschätzung mit dem “Dreck am Stecken”!

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