Agentur der Einnahmen: Weigerlich zweisprachig
Mitteilungen werden nur in italienischer Sprache verfasst, Steuernachzahlungsbescheide werden nur in italiensicher Sprache verschickt, Formulare werden nur in italienischer Sprache gedruckt, das Softwareprogramm zur Abwicklung der Steuererklärung steht nur in italienischer Sprache zur Verfügung: Diese und ähnliche Fälle ist der Südtiroler Bürger von der Steuerbehörde seit jeher gewohnt. Trotz zahlreicher Beschwerden, die im Landtag gegen das Amt eingebracht werden, da es die geltenden Sprachbestimmungen missachtet, scheint keine Besserung in Sicht – wie ein vor kurzem bekannt gewordener Fall beweist.
Der Forderung nach Ãœbersetzung widersetzt
Frau Hildegard Olga Ungerer – seit 1. Februar 2014 Direktorin der Agentur der Einnahmen – hat einen Aufruf von Seiten des Zusammenschlusses der Gewerkschaften „Rappresentanze Sindacali Unitarie“, eine in italienischer Sprache verfasste Mitteilung zu übersetzten mit einem zweiseitigem Begründungsschreiben abgelehnt. Das Antwortschreiben von Ungerer wurde unserer Redaktion zugespielt.
Darin bezieht sich die Direktorin auf die Dekrete des Präsidenten der Republik Italien vom 26. Juli 1976, Nr. 752 sowie auf jenes vom 15. Juli 1988, Nr. 574. Daraus werden mehrere Gesetzesartikel zitiert, die das Nicht-Übersetzen rechtfertigen sollen. Das erste von Ungerer zitierte Artikel scheint für eine Übersetzungspflicht zu sprechen: Darin heißt es ganz allgemein, dass „die den Erfordernissen der einwandfreien Dienstabwicklung angemessene Kenntnis der italienischen und der deutschen Sprache ist Voraussetzung für wie immer geartete und benannte Aufnahmen in den Dienst der staatlichen Verwaltungen einschließlich jener mit autonomer Ordnung und der öffentlichen Körperschaften und Anstalten in der Provinz Bozen.“
Im Artikel sieben des Dekretes von 1988 steht hingegen geschrieben, dass Organe, Ämter und Konzessionsunternehmen „für die Akte oder Maßnahmen, die von Amts wegen auszustellen, mitzuteilen oder zuzustellen sind, die mutmaßliche Sprache des Empfängers zu verwenden, wobei sie sich im mündlichen Verkehr auf jeden Fall nach der Sprache des Angesprochenen zu richten haben.“
Des weiteren bezieht sich Frau Ungerer auf die Broschüre „Sprachgebrauch in öffentlichen Ämtern“ aus dem Jahr 2006. Dort steht unter dem Punkt „…im internen Amtsverkehr“: „Während die Beamten im Umgang mit den Bürgern genaue Sprachregelungen einhalten müssen, ist der innere Amtsverkehr weitgehend frei. Dies bedingt, dass sie selbst entscheiden können, ob sie mit ihren Arbeitskollegen Deutsch oder Italienisch sprechen.“ Unter Erwähnung obengenannter Quellen kommt Ungerer zum Schluss, dass keine für die Provinz Bozen aufgestellten Regeln und Normen verletzt wurden.
Sofern der oder die Adressaten allesamt italienischer Muttersprache sind, wäre die Auslegung – da es sich um amtsinternen schriftlichen Verkehr handelt – richtig. Man darf allerdings davon ausgehen, dass die Gewerkschaften nicht dagegen protestiert hätten, wäre dies der Fall gewesen.
Landtagsanfrage angekündigt
Der Fall wird auch von der Politik aufgegriffen: Die Süd-Tiroler Freiheit hat nach Bekanntwerden angekündigt, eine Landtagsanfrage einzureichen. „In Südtirol sind 70% der Bevölkerung deutschsprachig, es sollte daher eine Selbstverständlichkeit sein, dass öffentliche Behörden in deutscher Sprache kommunizieren“, sagte Sven Knoll in einer ersten Stellungnahme.
Sie müssen eingeloggt sein, um einen Kommentar zu schreiben.
22.05.2017
Es kann doch nicht sein dass Bürger in der mehrsprachigen Autonomen Provinz Südtirol/Sudtirolo nur mit einer Fremdsprache, und nicht mit der Muttersprache, angesprochen werden.
Vermutlich sollte man das mit Hilfe Österreichs vom Europäischen Gerichtshof klären lassen. Ich befürchte aus Rom wird man da nichts hören was die weiteren Amtsspeachen betrifft.