von apa 28.04.2017 11:31 Uhr

Mitterlehner wirbt um Mittelstand und gegen Maschinensteuer

ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner hat am Freitag den Reigen der Reden anlässlich des Tags der Arbeit am 1. Mai eröffnet – die präsentierten Schwerpunkte bei der Matinee “Wirtschaft & Arbeit neu denken” in der Alten Ankerbrotfabrik in Wien waren freilich nicht ganz ofenfrisch: So sprach sich Mitterlehner gegen eine Maschinensteuer, aber für flexiblere Arbeitszeiten und eine Mittelstand-Entlastung aus.

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Eine Maschinensteuer in Zeiten der Digitalisierung sei “genau das, was wir nicht brauchen”, betonte Mitterlehner. Solche Forderungen seien “paradox”, man brauche stattdessen etwas ganz anderes, nämlich “Mut zur Offensive”. Man müsse Investitionen in neue Technologien fördern, nicht besteuern, forderte der ÖVP-Chef.

Der ÖVP-Chef hatte auch noch eine weitere Spitze gegen die SPÖ parat: Deren aktuelle Kampagne ziele auf den Mittelstand ab – wolle man den Mittelstand wirklich entlasten, müsste man dies aber auch bei Themen wie der Dämpfung der kalten Progression berücksichtigen. Eine Entlastung des Mittelstands sei bei der kalten Progression nur möglich, wenn man ein automatisches Modell habe, warb Mitterlehner für die ÖVP-Variante. Hinter der SPÖ-Idee vermutet die ÖVP hingegen noch mehr Umverteilung – da gebe es aber keine Leistungsorientierung, kritisierte Mitterlehner.

Leistung müsse sich wieder lohnen, lautete noch ein vorgebrachter Klassiker aus dem schwarzen Repertoire. So dürfe die Mindestsicherung nicht als Lebensmodell angesehen werden. Jemand, der in der Früh aufstehe, um arbeiten zu gehen, “darf nicht schlechter aussteigen, sondern muss eine gewissen Leistungsbelohnung haben”, forderte Mitterlehner.

Der Wirtschaftsminister bekräftigte außerdem den Wunsch nach flexibleren Arbeitszeiten – das bräuchten nicht nur die Betriebe, auch die Arbeitnehmer bräuchten flexiblere Möglichkeiten, ihre Freizeit zugestalten, ist Mitterlehner überzeugt. Die – für eine Lösung beauftragten – Sozialpartner sollten hier etwas pragmatischer vorgehen, riet er.

Mit den jüngsten Kampagnen in seinem Heimatbundesland Oberösterreich – die SPÖ plakatiert dort gegen “Scheißjobs”, die Arbeiterkammer wirbt in einem Video mit einem Chef, der sich nicht um seine Mitarbeiter schert – hat Mitterlehner offenbar keine Freude: Mit “Klassenkampf” werde man nichts erreichen, “weg damit!”, mahnte Mitterlehner unter Applaus. “Wir sitzen alle in einem Boot: Arbeitgeber und Arbeitnehmer.”

“Am 1. Mai werden viele auf der Stelle treten, irgendwo, vielleicht in Wien”, konnte sich Mitterlehner auch am Ende seiner Rede einen Seitenhieb auf die SPÖ, die sich traditionell am Wiener Rathausplatz trifft, nicht verkneifen. Die ÖVP dagegen gehe in die Zukunft, verwies Mitterlehner auf die geplanten Besuche von Volkspartei-Politikern bei Menschen, die am Feiertag arbeiten müssen.

“Die aktuelle Diskussion um eine Änderung der Arbeitszeitgestaltung beweist eindrucksvoll, dass der Tag der Arbeit nichts an Aktualität eingebüßt hat”, erklärte unterdessen der SPÖ-Nationalratsabgeordnete Wolfgang Katzian, Vorsitzender der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG) im ÖGB. Natürlich wünschten sich auch die Arbeitnehmer Flexibilität, “aber sicher nicht ausschließlich zu den Bedingungen ihrer Arbeitgeber. Es gehe um sinnvolle Arbeitszeitmodelle, von denen beide Seiten profitieren, wie beispielsweise die Vier-Tage-Woche.

ÖVP-Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner erklärte den Tag vor dem 1. Mai, den 30. April, zum Tag der Unternehmen. “Was wäre der Tag der Arbeit ohne Arbeitgeber?”, fragte Haubner in einer Aussendung und unterstrich die Forderung nach Möglichkeiten, um flexibler arbeiten zukönnen. “Wir brauchen in unserem Land ein unternehmerfreundlicheres Klima mit mehr Freiräumen für die Unternehmen und weniger Bürokratie.”

Die Industriellenvereinigung (IV) pocht vor dem Tag der Arbeit auf eine “sachliche” Diskussion zur Modernisierung des Arbeitszeitgesetzes und eine rasche Umsetzung. “Es geht hier weder um Lohnraub, noch um Überstundenklau. Es geht um zeitgemäße Regelungen und Arbeitszeitgrenzen sowie praktikable Lösungen auf betrieblicher Ebene”, betonte IV-Präsident Georg Kapsch am Freitag in einer Aussendung.

Etwaige Gegenforderungen und Junktimierungen wie etwa die leichtere Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche oder Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich seien klar abzulehnen, denn dies würde viel Geld kosten und damit Jobs gefährden. Von der Regierung wünschte sich die IV vielmehr eine weitere, “signifikante” Senkung der Lohnnebenkosten.

Wohl auch im Schatten der jüngsten Querelen innerhalb der Sozialpartnerschaft mahnte Kapsch zur Gemeinsamkeit: Der 1. Mai sei ein Tag der Arbeitsplätze, der Arbeitnehmer sowie der Arbeitgeber gleichermaßen. “Wer auch immer versucht, hier einen Gegensatz konstruieren zu wollen, ist auf dem völlig falschen Weg und hat nicht erkannt, dass uns die Sicherung und Schaffung von Beschäftigung und allgemeinem Wohlstand in Österreich nur gemeinsam gelingen kann.”

Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske nahm den anstehenden Tag der Arbeit zum Anlass, um Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) als Bremser bei Finanzierungsfragen arbeitsmarktpolitischer Vorhaben zu kritisieren, etwa bei der Beschäftigungsaktion für über 50 Jahre alte Langzeitarbeitslose. Kaske pochte auch einmal mehr auf eine Änderung der EU-Entsenderichtlinie im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping.

Würden die Arbeitszeitwünsche der Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung umgesetzt, hätte das nicht nur massive Einkommensverluste für die ArbeitnehmerInnen zur Folge, sondern auch einen weiteren Anstieg von Arbeitslosigkeit, warnte wiederum Klaudia Paiha, Bundessprecherin der AUGE/UG. Die Grünen begingen traditionellerweise den Tag der Arbeitslosen und verteilten vor AMS-Stellen in Wien Frühstück.

Der Integrationsfonds erinnerte an den Umstand, dass Migranten seltener erwerbstätig sind als Österreicher. Nur insgesamt 63 Prozent von Zuwanderern seien im Jahresschnitt 2015 erwerbstätig gewesen, bei Österreichern ohne Migrationshintergrund lag die Erwerbstätigenquote bei fast 74 Prozent. Insbesondere Frauen mit Wurzeln in der Türkei und Ländern des ehemaligen Jugoslawiens seien wesentlich seltener erwerbstätig. Besonders hoch sei die Arbeitslosenquote unter Flüchtlingen.

Der Wiener Dachverband für sozial-ökonomische Einrichtungen (DSE-Wien), der sich nun arbeit plus Wien nennt, wies anlässlich des Tags der Arbeitslosen am 30. April darauf hin, dass Betroffenen mit ihrem Job viel mehr als ihre “Arbeit” verloren haben.

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