von apa 22.04.2017 10:57 Uhr

Claus Peymann nimmt Burgtheater-Ausschreibung unter Feuer

In einem Offenen Brief an Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) übt der frühere Burgtheater-Direktor Claus Peymann heftige Kritik am Ausschreibungstext für die Direktion des größten Theaters des Landes. Für den Direktor des Berliner Ensembles (BE) ist die Ausschreibung “ein Meisterstück des sprachlichen und gedanklichen Unsinns”, wie es in dem der APA vorliegenden Schreiben heißt.

APA (Archiv)

“Ach, wie sehr fehlen uns Johann Nestroy, Karl Kraus und Thomas Bernhard, um Ihnen und den Denkern und Strategen der Bundestheater-Holding dafür eine tüchtige Watschn zu verpassen!”, so Peymann weiter. In dem am Mittwoch veröffentlichten Aufgabenprofil für die am 1. September 2019 beginnende Leitung des Burgtheaters wird etwa festgehalten, dass der internationale Stellenwert “im Vergleich zu anderen führenden europäischen Theatern zu erhalten und auszubauen” ist. Der Spielplan soll demnach sowohl “die Begegnung mit zeitgenössischer Literatur ebenso wie mit der klassischen Weltliteratur” ermöglichen, “für neueste Erscheinungsformen des Theaterlebens” offen sein, “wobei auch eine gezielte Förderung kultureller Produktionen österreichischen Ursprungs erfolgen soll”.

Von Bewerbern wird in der Ausschreibung die Kenntnis der Theaterszene ebenso verlangt wie die Befähigung zur Vorgabe künstlerischer sowie wirtschaftlicher Zielsetzungen, die Erfahrung in der Führung und im Umgang mit Mitarbeitern ebenso wie Verhandlungserfahrung. Auch wird auf die Erschließung von Drittmitteln explizit Wert gelegt.

Das Burgtheater sei aber “kein Wasserwerk und weder die Bank Austria noch die ÖBB. Und die Burg braucht keinen Prokuristen an der Spitze, auch keinen Manager – sie braucht einen Künstler: Kunst, Kunst, Kunst”, schreibt Peymann. “Falls sich tatsächlich jemand findet, der Ihre Ausschreibung ernstnimmt, kann es nur ein Irrer sein”, so der streitbare Regisseur und Theatermanager, der das Burgtheater von 1986 bis 1999 leitete. Angesichts der nunmehrigen Ausschreibung “wäre ich nie Burgtheaterdirektor geworden – geschweige denn, es 13 Jahre lang geblieben”, schließt Peymann seinen Offenen Brief.

Kulturminister Drozda reagierte am Samstagnachmittag mit einem Antwortschreiben auf die Kritik Peymanns. Die Sprache, in der die Ausschreibung verfasst ist, sei zwar “kein Beitrag zur Weltliteratur”, man suche aber trotzdem “eine Theaterbesessene oder einen Theaterbesessenen im besten Sinne”.

“Ich darf davon ausgehen, dass Sie all die Jahre hinweg ein gewissenhafter Beobachter der Aktivitäten in diesem Haus waren, und stelle zufrieden fest, dass Sie dies weiterhin sind”, schreibt Drozda in seinem der APA vorliegenden Offenen Brief an den früheren Burgtheater-Direktor. “Folglich vermute ich, dass Sie bemerkt haben, dass der Ausschreibungstext nun schon seit einigen Jahren in dieser Sprache verfasst ist. Einer Sprache, die sicherlich kein Beitrag zur Weltliteratur ist. Wir wollen ihm aber auch nicht mehr Gewicht beimessen, als diesem zusteht”, so der Minister weiter.

Dass das Burgtheater einen Künstler an der Spitze brauche, wie Peymann schrieb, sieht Drozda offenbar genauso: “Die Tradition des Burgtheaters als – ich greife eine Formulierung Ihres offenen Briefes auf – das ‘bedeutendste, schönste, geliebteste Theater deutscher Zunge’ soll gewahrt und in die Zukunft geführt werden! Wir suchen also eine Theaterbesessene oder einen Theaterbesessenen im besten Sinne”, heißt es in der Replik.

Jetzt
,
oder
oder mit versenden.

Es gibt neue Nachrichten auf der Startseite