von apa 21.04.2017 07:03 Uhr

Frostschäden von über 50 Mio. Euro in Landwirtschaft

Die Minustemperaturen in den frühen Morgenstunden am Freitag haben in der Steiermark, Kärnten und im Südburgenland zu schweren Frostschäden in der Landwirtschaft geführt. Punktuell kam es auch zu Schäden in Niederösterreich, Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg. Die Hagelversicherung schätzt nach ersten Erhebungen den Gesamtschaden auf über 50 Millionen Euro.

Foto: APA

“Vom Frost schwer beschädigt wurden vor allem Obst- und Weinkulturen, aber auch Spezialkulturen wie Baumschulen und Spargel. Betroffen sind insgesamt mehr als 12.000 Hektar”, berichtete Hagelversicherungs-Chef Kurt Weinberger am Freitag in einer Aussendung.

Die Temperaturen sanken Freitagfrüh in den landwirtschaftlichen Gegenden auf bis zu minus sechs Grad Celsius. Das volle Schadensausmaß kann laut Hagelversicherung aber erst in einigen Tagen genau festgestellt werden. Durch den Klimawandel beginnt die Vegetationsperiode zunehmend früher und junge Triebe und Pflanzen sind dann bei Spätfrost besonders gefährdet. Der Vegetationsbeginn startete heuer in Österreich durch den sehr warmen März mit Rekordtemperaturen um durchschnittlich 14 Tage früher.

Im Kampf gegen die tiefen Temperaturen wurden alle Register gezogen, um Bäume, Sträucher und Weinstöcke zu schützen. Die Winzer im Nordburgenland haben in der Nacht auf Freitag auf Frostheizen in den Weingärten gesetzt. Wie die Landessicherheitszentrale Burgenland (LSZ) mitteilte, wurde aus 52 Gemeinden das Abbrennen von Strohballen zum Schutz gegen den Frost gemeldet. An die 22 Feuerwehren waren dabei zur Brandsicherheitswache im Einsatz.

Brände aufgrund des Räucherns der Weingärten seien nicht gemeldet worden. “Es ist alles sehr kontrolliert und ruhig abgelaufen”, sagte Mario Promintzer von der Landessicherheitszentrale. Laut Landespolizeidirektion Burgenland kam es zu keinen Verkehrsbehinderungen durch den Rauch. Es habe lediglich Anrufe wegen Geruchsbelästigung gegeben.

In der Nacht auf Freitag wurden die ersten Strohballen kurz nach 1.00 Uhr entzündet, berichtete die LSZ. Vor allem in den Bezirken Neusiedl am See sowie Eisenstadt Umgebung wurde verstärkt geräuchert. Im Mittel- und Südburgenland war dies nur vereinzelt der Fall. Aktuell würden noch aus 47 Gemeinden Meldungen zum Frostheizen vorliegen.

Auch in der Oststeiermark versuchten Obstbauern verzweifelt ihre Kulturen vor dem Frost zu schützen. Auf minus dreieinhalb Grad Celsius war die Temperatur in der Nacht auf Freitag im oststeirischen Tiefenbach gesunken. Obstbaufamilie Singer hat es mit Beregnung, Rauchschwaden, Kerzen und Vlies versucht. Ob es half, wird sich in den kommenden Tagen zeigen.

Rund 10.000 Euro hat Josef Singer junior in die Vorbereitungen für die anstehende Frostnacht gesteckt, sagte er im APA-Gespräch. 36 alte Strohballen sowie 700 Paraffinkerzen hat er angekauft. Gegen Mitternacht ging es los, die Kerzen zwischen den Bäumen wurden angezündet, die Strohballen ebenso. Der Qualm des angezündeten Strohs, das immer wieder nass gemacht wurde, um noch mehr Rauch zu erzeugen, legte sich in der Morgendämmerung über die Plantagen der Singers. Der Qualm sollte vor allem die Abstrahlung der bodennahen Wärme in der klaren Nacht verhindern.

Besonders das Steinobst wie Kirschen, Pfirsiche und Zwetschken sollte damit vor den Minusgraden geschützt werden, erklärte Singer. “Das mit den Strohballen habe ich zum ersten Mal gemacht.” Wirklich zufrieden zeigte er sich aber nicht damit: “Das Strohverbrennen wird wohl umsonst gewesen sein. Das half vielleicht für ein Grad, aber wenn es so kalt ist, müssen andere Maßnahmen her.” Strohballen will er eher nicht mehr anzünden: “Das ist zu schwer zu steuern. Der Wind weht den Rauch einfach weg oder irgendwo hin.” Darum hat er in der Früh auch die letzten Ballen nicht mehr in Brand gesetzt.

Sehr wohl von Erfolg gekrönt ist die Frostberegnung. Jahrzehntelange Erfahrung hat die Familie Singer schon mit der Beregnung ihrer Erdbeeren. Seit 1975 leiste sie gute Dienste. Knapp ein Hektar Erdbeerfelder werden damit vor Frost geschützt. Ein eigener Speicherteich ist dafür notwendig. Die Investition von damals habe sich jedenfalls gelohnt, denn die Erdbeeren haben die Frostnacht auf alle Fälle überstanden – soviel konnten die Singers bereits in der Früh sagen. Gegen Mittag sollte sich auch abzeichnen, wie es die Obstbäume überstanden haben. Die Äpfel und Birnen seien versichert, der Rest allerdings nicht. Ihre Heidelbeeren etwa haben die Singers in Vlies gehüllt.

Singer junior schätzte in der Früh, dass etwa 70 Prozent der Birnen vom Frost beschädigt wurden, bei seinen Äpfeln dürfte es etwa die Hälfte sein. Genau wird man es erst in ein paar Tagen sagen können. Die Nacht hat für die Singers aber klar gemacht, dass die Frostberegnung zum Standard werden muss. Es sei die wirksamste Methode, weshalb sie noch in der Nacht Überlegungen für den Ausbau ihrer Beregnungsanlagen hatten.

Im Vorjahr hatte der Obstbaubetrieb rund 70 Prozent Ernteausfall, besonders das Sommerobst war durch den späten Frost vernichtet worden. In den vergangenen Tagen, die kräftigen und eiskalten Wind mit sich gebracht hatten, haben die jungen Kirschen bereits gelitten, sagte Singer. Die noch grünen Früchte trocknen bei Wind und Sonneneinstrahlung aus. Nun bleibe zu hoffen, dass die vielen Arbeitsstunden – “ohne Schlaf und mit bangem Warten” – einen Großteil der Ernte gerettet haben. Als die letzten Kerzenflammen ausgeblasen und die brennenden Strohballen gelöscht waren, ging es ab zum Frühstück und “dann ins Bett”, erzählte Singer abschließend.

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