von apa 23.03.2017 11:54 Uhr

ÖFB-Team gegen Moldau unter Druck – drei Punkte fast Pflicht

Der Druck ist groß. Österreichs Fußball-Nationalteam ist am Freitag (20.45 Uhr/live ORF eins) im Heimspiel gegen Moldau fast schon zum Siegen verdammt, will man in der WM-Qualifikation für Russland 2018 noch entscheidend eingreifen. Vier Punkte haben die Österreicher nach vier Spielen in Gruppe D erst auf der Habenseite. Für Teamchef Marcel Koller geht es auch um seine eigene Zukunft.

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Die Gedanken daran seien aber weit weg, betonte Koller. “Im Moment ist es so, dass ich mich aufs Spiel konzentriere und nicht denke, was sein könnte, wenn wir das Spiel verlieren”, erklärte der Schweizer. Mit seiner Zukunft könne er sich derzeit nicht beschäftigen. “Dafür bin ich auch schon zu lange im Geschäft. Der ganze Fokus liegt auf dem Spiel. Alles andere muss ich auf die Seite schieben.”

Kollers Vertrag läuft bis Ende der Qualifikation, bei einer WM-Teilnahme verlängert er sich automatisch bis nach dem Turnier in Russland. Gespräche über eine mögliche Verlängerung hat es bisher nicht gegeben. Seit vier Monaten ist alles auf das Spiel gegen Moldau ausgerichtet. Nach Niederlagen in Serbien (2:3) und gegen Spitzenreiter Irland (0:1) sind drei Punkte gegen den Gruppenletzten fast schon Pflicht.

“Schlussendlich geht es um die drei Punkte”, sagte Koller. “Als Trainer kannst du nur diese Gedanken haben, der Mannschaft zu helfen, zu fördern, zu tadeln, um an dem Tag die drei Punkte zu holen, und nichts anderes.”

Helfen könnte dabei ein neues Spielsystem. Koller hat Gefallen an einer defensiven Dreierkette gefunden. Ob sie schon gegen die Moldauer zum Einsatz kommt, ließ er vorerst offen. “In der Vorwärtsbewegung hat man mehr Spieler auf dem Platz”, bemerkte Koller positiv. “Ein neues System muss man aber immer wieder einmal üben.” Diese Woche hatte er dafür nur zwei taktische Trainingseinheiten zur Verfügung.

In einem 3-5-2 statt des bisherigen 4-2-3-1 könnten Goalgetter Marc Janko (28 Tore in 61 Länderspielen) und der formstarke Rückkehrer Guido Burgstaller (sechs Tore in 14 Pflichtspielen für Schalke 04) gemeinsam stürmen. Dass David Alaba statt Janko den gesperrten Julian Baumgartlinger als Kapitän vertritt, wollte Koller nicht als Indiz dafür verstanden wissen, dass der Basel-Angreifer nicht in der Startformation steht. “Das möchte ich im Moment noch offenlassen”, sagte der 56-Jährige in seiner Abschluss-Pressekonferenz am Donnerstag.

Klarer scheint die Situation im Tor. Nach der neuerlichen Langzeit-Verletzung von Robert Almer und dem Nationalteam-Rücktritt von Ramazan Özcan dürfte Heinz Lindner spielen. Eine “gewisse Tendenz” gibt es laut Koller bereits, zumal Altach-Keeper Andreas Lukse zuletzt zwei Tage eine Magenverstimmung zu schaffen machte. “Es ist noch nicht so, dass er vor Kräften strotzt.” Zudem hatte Lukse vor dem Teamcamp vier Ligaspiele wegen Problemen mit dem Hüftbeuger versäumt.

Lindner hat in den vergangenen eineinhalb Jahren für Eintracht Frankfurt drei Pflichtspiele bestritten. Im Nationalteam kam der 26-jährige Oberösterreicher zuletzt im EM-Test Ende Mai 2016 gegen Malta (2:1) zum Einsatz. “Wir haben absolut das Vertrauen in ihn”, erklärte Koller. “Man muss nicht immer spielen, damit man Selbstvertrauen hat.”

Erst im Jänner hatte Lindner in Frankfurt wegen einer Roten Karte und der folgenden Sperre zweimal Stammkeeper Lukas Hradecky vertreten. “Das hat er hervorragend umgesetzt”, sagte Koller. Schon bei der EM in Frankreich habe Lindner hervorragend trainiert. “Er macht einen sehr lockeren Eindruck, da haben wir keine Bedenken.” Zumal der Torhüter gegen die Moldauer nicht der entscheidende Mann werden soll.

Koller hofft, dass auch die Nummer 162 der FIFA-Weltrangliste etwas nach vorne tut. Mit langen Bällen zu operieren, werde gegen Moldaus massive Defensive wenig bringen. “Da geht es dann darum, dass du fußballerische Qualität hast. Es ist wichtig, gute Fußballer zu haben, die schnell sind”, umriss der Schweizer seine Vorstellungen. Neben Baumgartlinger fehlt allerdings auch Mittelfeldspieler Alessandro Schöpf gesperrt.

Das ÖFB-Team stellt sich auf ein Geduldspiel ein. “Wir können nicht davon ausgehen, dass wir frühzeitig in Führung gehen”, meinte Koller. “Wir sind aber nicht das erste Mal in so einer Situation.” Das sieht auch Alaba so. “Ich kenne das auch aus München, wenn der Gegner tief steht”, sagte der Bayern-Star. “Da müssen wir die Ruhe bewahren. Das Spiel geht nicht über 70 Minuten, sondern über 90 Minuten plus.”

Was auf dem Spiel steht, ist allen bewusst. “Wir spielen zu Hause und brauchen den Sieg. Wir wollen dementsprechend Vollgas geben”, betonte Koller, der einen geschlossenen Auftritt verlangt und seine Rolle auch als jene des Motivators interpretiert. “Wenn es einmal nicht so gut läuft, muss man den Spielern vermitteln, dass wir das packen.”

Dass er die Mannschaft am Freitag erstmals als Kapitän aufs Feld führen wird, sei für ihn “in erster Linie eine Riesenehre”, sagte Alaba am Donnerstag. “Sonst ist nichts anders. Ich habe immer schon versucht, der Mannschaft zu helfen und sie mitzureißen. Ich versuche, vorne wegzugehen.”

Alaba hatte die Kapitänsschleife bereits im WM-Quali-Spiel gegen Irland (0:1) – da hatte Baumgartlinger fälschlicherweise geglaubt, dass er ausgewechselt wird – und im Test gegen die Slowakei (0:0) bei dessen tatsächlicher Auswechslung übernommen. Dass er gegen Moldau als erster ÖFB-Akteur aufs Spielfeld des Ernst-Happel-Stadion laufen wird, sagte ihm Koller am Mittwochabend.

“Ich freue mich, dass er mich auserwählt hat. Da will ich auch viel zurückgeben”, betonte Alaba. Welche Worte er in der Kabine an seine Kollegen richten werde, wollte der Bayern-Star nicht preisgeben. Sein erstes Länderspiel hatte Alaba im Oktober 2009 in Frankreich (1:3) bestritten – mit 17 Jahren und drei Monaten als jüngster ÖFB-Teamspieler der Geschichte.

“Er hat als Spieler die Champions League gewonnen und spielt seit fünf, sechs Jahren regelmäßig in dieser Liga”, verwies Koller auf Alabas Qualitäten. Auf welcher Position diese im Nationalteam am besten eingesetzt sind, wird in der Öffentlichkeit seit Jahren diskutiert. Eine Umstellung auf eine defensive Dreierkette würde das linke Mittelfeld als zusätzliche Option bringen. Alaba, bei den Bayern Linksverteidiger, bevorzugt aber das Mittelfeldzentrum.

Der frühere ÖFB-Teamspieler Paul Scharner hatte Alaba zuletzt in einem Interview mit dem Wettanbieter “bwin” gar vorgeworfen, im Finish gegen Irland die taktische Vorgabe von Koller ignoriert zu haben, während des Spiels auf die Linksverteidigerposition zu wechseln. “Es stimmt nicht”, betonte Koller am Donnerstag. “Paul Scharner war ja nicht dabei.”

Grundsätzlich kann der Teamchef wenig mit der heftigen Kritik, die der von ihm 2012 aus dem Team eliminierte Ex-England-Legionär auch an ihm selbst geäußert hat, anfangen. “Er hat gesagt, wir werden uns nie für ein Turnier qualifizieren. Jetzt sucht er wieder etwas Neues. Es ist auch so, dass ihm vielleicht ein bisschen langweilig ist”, meinte Koller.

Scharner sehe sich in einer Reihe mit österreichischen Fußball-Größen wie Hans Krankl, Herbert Prohaska oder Toni Polster. Koller nannte in diesem Zusammenhang auch Alaba. Scharner dagegen habe in England den FA-Cup gewonnen, erinnerte der Schweizer an dessen größten Erfolg. “Das ist auch etwas, aber wir sollten das nicht zu wichtig nehmen.”

Baumgartlinger wollte Scharners Vorwürfe schon am Mittwoch nicht wirklich kommentieren. “Denn dann machen wir das Thema größer, als es ist, und auch den Paul, und das muss nicht unbedingt sein.” Allerdings ging der Leverkusen-Legionär da auch noch davon aus, dass Janko als sein Ersatzkapitän fungieren werde. Mittlerweile ist Alaba zum neuen Chef erhoben worden – auch auf dem Spielfeld.

Bis Donnerstag waren für das Spiel gegen Moldau rund 20.000 Karten verkauft. “Natürlich wäre es angenehmer, wenn das Stadion voll ist”, erklärte Teamchef Koller. “Das können wir aber nicht unmittelbar ändern.” Sondern nur mittelfristig mit Erfolgen. “Wir wollen unseres dazu beitragen.” Sechs Spiele sind in der WM-Qualifikation noch ausständig. Auf die Republik Moldau folgt am 11. Juni der schwere Gang nach Irland.

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