von apa 22.03.2017 08:29 Uhr

Global 2000 veröffentlicht Glyphosat-Report

Am Donnerstag veröffentlicht Global 2000 den rund hundert Seiten umfassenden Report “Glyphosat und Krebs – Gekaufte Wissenschaft”, der unter anderem aufzeigen soll, wie der US-Saatgutriese Monsanto aktiv daran beteiligt war, dass das Herbizid weiter verwendet werden darf. Für Mitautor Helmut Burtscher, Umweltchemiker bei Global 2000, ist Glyphosat weiterhin krebserregend und gehört daher verboten.

APA (Symbolbild/dpa)

Der gemeinsam mit Peter Clausing und Claire Robinson verfasste Report enthält zum Teil bekannte Argumente der Glyphosat-Gegner, jedoch hat die Thematik einerseits durch die dieses Jahr auslaufende Zulassung des Herbizids und zuletzt auch durch in den USA publik gewordene E-Mails von Monsanto aktuell wieder an Brisanz gewonnen. Diese “legen den Verdacht nahe, dass Monsanto offenbar versucht hat, auf Studien einzelner Forscher Einfluss zu nehmen”, schrieb dazu die “Süddeutschen Zeitung” vergangenen Mittwoch.

Studien, die nicht Einfluss auf die Zulassung gefunden haben, finden sich in dem Report: Burtscher berief sich im einem Hintergrundgespräch unter anderem erneut auf die Einschätzung der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC/Lyon), die Glyphosat im Jahr 2015 in der Kategorie 2A – “wahrscheinlich krebserzeugend für den Menschen” – eingereiht hat. Schwere wissenschaftliche Mängel in den Industriestudien seien hingegen der Grund dafür, dass die EU-Institutionen dieser Sichtweise nicht folgen. Zuletzt hatte etwa die europäische Chemikalienagentur Echa die Substanz für “nicht krebserregend” eingestuft.

Der Argumentation der Glyphosat-Befürworter, die IARC werte die Beweislage, dass Glyphosat Krebs auslösen könnte – und nicht das Risiko, tatsächlich an Krebs zu erkranken – will sich Burtscher nicht anschließen. Dabei würde eine Missachtung des in der EU-Pestizidverordnung von 2011 verankerten “gefahrenbasierten Ansatzes” erfolgen. “Die IARC macht seit 40 Jahren nichts anderes, als gefahrenbasiert Krebsgefahren einzustufen – und das nach einem klarem Muster. Die IARC hat den Standard für diese Kunst weltweit vorgegebenen. Die europäischen Institutionen wenden diese ebenfalls an, und sie haben auch im europäischen Gesetz Niederschlag gefunden, indem der gefahrenbasierte Ansatz gewählt wurde”, argumentierte Burtscher.

Die IARC stellte in der Begründung zu Glyphosat aufgrund von vier Herstellerstudien auch fest, dass es starke Beweise für eine Genotoxizität als krebserregenden Mechanismus gebe. Auch diese Einschätzung wird von den EU-Behörden nicht geteilt. “Sie wird geleugnet, indem man der Argumentation eines von Monsanto bezahlten Wissenschafters folgt”, so der Vorwurf des Umweltchemikers.

Für Burtscher ist es evident, dass Glyphosat Krebs beim Menschen auslösen kann: “Wie viele Fälle dadurch verursacht werden, weiß keiner. Vielleicht ein paar Hundert, vielleicht ein paar Tausend, vielleicht Zigtausende – und das ist nicht annehmbar.” Eine weitere Genehmigung das Herbizid in der EU weiter zu verwenden, sei mit einem inakzeptablen Risiko verbunden. Vermeiden könne man es durch die “Einhaltung der Gesetze und Wahrung der wissenschaftlichen Redlichkeit”, heißt es im Vorwort des Reports.

Die Zulassung läuft jedenfalls mit Ende des Jahres aus. Bis dahin müssen die EU-Staaten in einem Expertengremium eine Entscheidung gefunden haben, ob die Verlängerung genehmigt wird, oder nicht.

Einen Tag vor der Veröffentlichung des Reports kritisierte die IndustrieGruppe Pflanzenschutz (IGP) am Mittwoch die Fortsetzung einer “absurden Kampagne gegen Glyphosat”. “Hier werden Ängste geschürt, um Druck auf die Politik auszuüben”, sagte IGP-Obmann Christian Stockmar in einer Aussendung.

Dieses Spiel mit der Angst der Menschen vor Krebs sei “zutiefst verwerflich”, betonte der Obmann der Interessensvertretung. “Nach dem Veröffentlichen von unseriösen und unwissenschaftlichen Studien sowie dem Druck auf Behörden und Politik folgt nun ein Rundumschlag gegen Wissenschaft und Behörden”, sagte Stockmar in Richtung Global 2000 und weiteren NGOs.

Die Grünen forderten dagegen eine verstärkte unabhängige Risikoforschung. Immer wieder gebe es “Belege dafür, dass Konzerne Studien manipulieren und Forschungen für ihre Interessen schönen bzw. unerwünschte Ergebnisse unter den Tisch fallen lassen”, sagte Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber. “Wer auf Grundlage von Industrie-Studien entscheidet, ob ein Produkt unbedenklich ist oder nicht, der macht den Bock zum Gärtner.” Der Grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon betonte, die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) müsse “ihr Urteil über Glyphosat zurückziehen und unabhängige Studien verwenden”.

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