von apa 19.03.2017 06:54 Uhr

Kalte Progression: Schelling bei Entlastung für Alleingang

Über die Abschaffung der kalten Progression zeichnet sich ein neuer Koalitionskonflikt ab. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hat der SPÖ laut APA-Informationen einen Entwurf übermittelt, der nun wieder eine automatische Entlastung auch der oberen Einkommensgruppen vorsieht. Die SPÖ lehnt das ab. Wie stark Gutverdiener entlastet werden sollen, will Schelling zudem im Alleingang entscheiden.

APA

Die kalte Progression bezeichnet eine versteckte jährliche Steuererhöhung. Sie entsteht, weil die Einkommen zwar Jahr für Jahr steigen, die Steuerstufen aber nicht an die Inflation angepasst werden. Somit rücken Arbeitnehmer durch Lohnsteigerungen in höhere Steuerklassen vor, auch wenn ihr Einkommen real (also abzüglich Inflation) nicht notwendigerweise an Kaufkraft gewinnt – ein Effekt, den die Koalition nun abfedern möchte. Wer von der Entlastung profitieren soll, ist aber nach wie vor strittig.

Im Jänner konnten sich SPÖ und ÖVP zwar auf einen Kompromiss einigen: Demnach sollen die unteren beiden Steuertarife (bis 18.000 Euro Jahreseinkommen) automatisch an die Inflation angepasst werden, wenn die Teuerung fünf Prozent überschreitet. Ob und wie die darüber liegenden Einkommen entlastet werden, blieb aber strittig. Im neuen Regierungsprogramm heißt es dazu kryptisch: “Über die weiteren Entlastungsmaßnahmen entscheidet die Politik auf Basis eines Progressionsberichts.”

Schelling hat der SPÖ nun sein Modell übermittelt – und das sieht vor, dass auch den höheren Einkommen zumindest ein Teil der Inflation automatisch abgegolten wird. Konkret sollen sie oberen Steuerstufen “zwischen 80 und 100 Prozent” valorisiert werden. Das genaue Ausmaß der Entlastung soll der Finanzminister auf Basis eines Progressionsberichtes per Erlass festlegen – also ohne Mitspracherecht des Koalitionspartners. Die Kosten dafür beziffert Schelling in einer Anfragebeantwortung an den Grünen Bruno Rossmann mit 1,1 Mrd. Euro. In Kraft treten soll das Modell 2018 – und damit ein Jahr früher als im Regierungsprogramm angekündigt.

In SP-Kreisen wird der Schelling-Entwurf allerdings als nicht zustimmungsfähig gewertet und eine Umverteilung von unten nach oben beklagt. Argumentativ aufmunitioniert hat sich die SPÖ mit Berechnungen, wonach eine Mindestpensionistin in dem Modell nichts erhalte, ein Sektionschef mit 10.500 Euro monatlich aber 600 und ein Topmanager mit 94.000 Euro 3.100 Euro. Im Finanzministerium wollte man die Details des Entwurfs nicht kommentieren und verwies auf laufende Gespräche in der Regierung. Angepeilt wird ein Ministerrats-Beschluss im April.

Kritik an den Regierungsplänen kommt indessen vom Grünen Budgetsprecher Bruno Rossmann. Er stößt sich daran, dass Schelling in einer Anfragebeantwortung ankündigt, die Kosten der künftigen Steuersenkungen “nur durch ausgabenseitige Einsparungen” ausgleichen zu wollen. Schelling spreche permanent von Einsparungen, “aber Vorstellungen, wie er das machen soll, hat er nicht”, kritisiert Rossmann. Außerdem befürchtet Rossmann wie die SPÖ eine Umverteilung von unten nach oben: “Da muss man schauen, wen diese ausgabenseitigen Einsparungen treffen.”

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