von apa 21.02.2017 16:56 Uhr

Flüchtling, der prahlte IS-Kämpfer gewesen zu sein, in Haft

Ein 23-jähriger Asylwerber aus Syrien ist am Dienstag bei einem Prozess am Landesgericht Salzburg wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und kriminellen Organisation zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Er soll sich im Herbst 2014 der Terrormiliz “Islamischer Staat” (IS) als Kämpfer angeschlossen und in seiner Heimat bis Februar 2015 als Wachsoldat gedient haben.

APA (Gindl)

Der junge Syrer wurde am 17. September 2015 auf dem Weg nach Deutschland in einem Flüchtlingslager in Salzburg verhaftet. Er soll dort vor anderen Flüchtlingen damit geprahlt haben, ein Kämpfer des IS gewesen zu sein. Ein Mitflüchtling hatte sich an die Betreiber des Transitquartiers gewandt und ihnen die Erzählungen des damals noch 22-Jährigen geschildert. Tatsächlich fanden Ermittler nach der Festnahme des Syrers auf dessen Handy und Tablet IS-Propagandamaterial und zahlreiche Bilder.

Vier damalige Mitbewohner des Transitlagers wurden am Dienstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu den Vorwürfen befragt. Sie belasteten den Angeklagten, auch wenn einige nicht wussten, welcher Organisation der Syrer sich in seiner Heimat angeschlossen hatte. Bestätigt wurden zudem die Prahlereien des Beschuldigten, wonach er gefangene Soldaten gequält habe, etwa indem er ihnen Diesel injizierte, um sie aggressiv zu machen.

Der 23-Jährige bekannte sich bei dem Prozess nicht schuldig. Allerdings hatte er in seinen ersten Einvernahmen durch den Verfassungsschutz nicht geleugnet, für den IS tätig gewesen zu sein. Er sei als Mitglied der oppositionellen Freien Syrischen Armee (FSA) im Norden Syriens von der Terrormiliz gefangen genommen, in eine IS-Hochburg verschleppt und dort gefoltert worden. Er hätte dann seine Läuterung vorgespielt und sich dem IS angeschlossen. Eine Aussage, an die sich der Angeklagte am ersten Prozesstag am 17. Oktober 2016 nicht mehr erinnern konnte. “Was ich damals gesagt habe, entspricht nicht der Wahrheit”, beteuerte er.

Das sah der Staatsanwalt anders: “Wäre er vom IS für einen Abtrünnigen der FSA gehalten worden, hätten sie ihn sofort hingerichtet.” Außerdem habe sich der Angeklagte während seiner angeblichen Verschleppung ständig mit dem Handy im Internet bewegt und in seinen Einvernahmen auch den Alltag als Wachsoldat in allen Details genau geschildert. “Ein Häftling hätte das so nicht miterleben können.” Vielmehr habe der 23-Jährige damals in der Türkei gearbeitet und sich dem IS angeschlossen, als die Terrormiliz seine Heimatstadt im Gouvernement Ildib eroberte.

Der Angeklagte erzählte dem Gericht allerdings eine völlig andere Version: Im Oktober 2012 seien regierungstreue syrische Milizen in seine Heimatstadt eingedrungen und hätten Kinder getötet und Frauen vergewaltigt. Nach diesen Ereignissen habe er für die Opposition Partei ergriffen, erzählte er. Weil er im Umgang mit Waffen nicht geübt gewesen sei, habe er bei der FSA als Fahrer und Helfer angeheuert. Dass auf Facebook Bilder kursieren, die ihm mit Waffe in der Hand zeigen, sei kein Widerspruch: “Das war nur eine Spielerei.”

Im Frühsommer 2013 sei er dann in die Türkei gegangen, um zu studieren, was allerdings an der fehlenden Aufenthaltsgenehmigung scheiterte. 2014 sei er noch einmal kurz zurück nach Syrien gekommen, um seine Mutter zu besuchen. Ansonsten habe er mit seinem Bruder in einem Restaurant in Istanbul gearbeitet. Dessen Besitzer wurde von den Ermittlern einvernommen. Er sagte aus, dass der Angeklagte nur zwei bis drei Wochen als Reinigungskraft bei ihm arbeitete und dann verschwunden sei. Der 23-Jährige konnte sich das nur so erklären: “Wir haben schwarz bei ihm gearbeitet. Er sagt das nur, um den Konsequenzen zu entgehen.” Das Gericht beantragte per Rechtshilfeansuchen an die Türkei die gerichtliche Einvernahme des Restaurantbesitzers. Doch eine Antwort der Behörden ist bis heute nicht eingelangt.

Der Syrer schilderte noch dem Gericht, dass er vom IS überhaupt nichts wisse, nur, dass dessen Mitglieder “keine guten Menschen” seien. Videos von Hinrichtungen, die man auf seinem Handy gefunden hat, könnten irrtümlich auf das Gerät gelangt sein, meinte er. “Das findet man auf jedem Nachrichtenportal.” Für den Verteidiger des 23-Jährigen war es auch nicht nachvollziehbar, warum sich jemand vor ihm nicht bekannten anderen Flüchtlingen damit brüstet, ein begeisterter IS-Anhänger oder auch nur Mittäter gewesen zu sein.

Der Schöffensenat hat den Syrer allerdings im Sinne der Anklage verurteilt. Das Gericht stützte sich dabei auch auf die mehrfach abgelegten Geständnisse des Angeklagten bei seinen Einvernahmen vor der Polizei. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidiger meldete Nichtigkeitsbeschwerde an. Der Staatsanwalt kündigte Strafberufung an.

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