von apa 19.02.2017 10:35 Uhr

“Ganymed Fe Male”: Perspektive des weiblichen Blicks im KHM

Sich Teil 4 einer Spielfilmserie anzusehen, lohnt meist nur mehr für Hardcore-Fans. Anders bei “Ganymed”, dem 2010 gestarteten Theaterprojekt des Kunsthistorischen Museums (KHM), das am Samstag in seine vierte Auflage gestartet ist. Unter dem Titel “Fe Male” spürt Regisseurin Jacqueline Kornmüller bei ihrem Stationentheater diesmal dem weiblichen Blick in der Gemäldegalerie nach.

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Vornehmlich Autorinnen wie Joanna Bator, Anna Kim oder Zadie Smith haben dieses Mal kurze Texte verfasst, die sich den primär von Männern geschaffenen, den männlichen Blick präsentierenden Gemälden in den weiten Hallen des KHM widmen. Von der persönlichen Geschichte, zu deren Entzündung das jeweilige Bild lediglich den ersten Funken darstellt, bis hin zur detaillierten Bildanalyse, von der schauspielerischen Darstellung der im Gemälde Porträtierten bis zur Übernahme einer sich aus dem Werk ergebenden Gefühlslage reichen die kleinen performativen Kunstwerke, die sich vor den Bildern entfalten.

Vom Dramolett über ein kurzes Wienerlied, vom Tanz bis zum Monolog reicht das Ausdrucksspektrum, wobei einige Protagonisten schon Stammgäste im Reigen sind. So hält Katharina Stemberger mit den Worten von Chimamanda Ngozi Adichie ein flammendes Plädoyer für den Feminismus im goldenen Tulpenkleid, Schwester Julia Stemberger verkörpert, nackt in einen Mantel gehüllt, Rubens “Pelzchen”, und Grischka Voss sinniert anhand von Briefen ihrer verstorbenen Eltern Ursula und Gert Voss über Geschlechterbilder.

Anna Kim liefert einen nüchternen Bericht zu den Vergewaltigungen im Jugoslawienkrieg ab, zu dem sie Bugiardinis “Entführung der Dina” inspirierte. Petra Morze nimmt hingegen mit der Vorlage von Zadie Smith eine Bildanalyse von Balthasar Denners “Alte Frau” vor. Agnes Palmisano übersetzt mit Matthias Loibner Tiepolos “Heilige Katharina von Siena” in eine Wienerliedversion von Eric Claptons “Tears in Heaven” und Franz Schuh lässt Peter Wolf über Gegenwart und Vergangenheit anhand von Anton von Marons Porträt Maria Theresias sinnieren.

Das Konzept von “Ganymed” zeigt sich frisch wie eh und je. Selten sieht man Theater- oder Museumsbesucher, die so glückselig auf das Geschehen vor ihnen blicken. Es ist die kindliche Vorfreude und Neugier, weiß der Besucher doch nie, was ihn konkret erwartet. Hinzu kommt der verwirklichte Kindheitstraum, eine Nacht im Museum zu verbringen. Und vielleicht spielt ja auch ein wenig die Freude über die Freiheit mit, sich im Stationentheater von einem Ereignis, das einem nicht zusagt, wegbewegen zu können.

SERVICE: “Ganymed Fe Male” von Jacqueline Kornmüller im Kunsthistorischen Museum, Maria-Theresien-Platz, 1010 Wien. Weitere Vorstellungen 25. Februar, am 8., 15. und 25. März, am 1., 8.4, 19.4. und 26. April sowie am 3., 13., 20., 27. und 31. Mai.

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