von apa 17.02.2017 20:32 Uhr

VfGH-Präsident Holzinger warnt vor mehr Überwachung

Verfassungsgerichtshof-Präsident Gerhart Holzinger warnt vor überbordenden Überwachungsplänen der Regierung. Es gelte, die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit zu wahren, argumentierte er in einem Interview mit dem “Standard” sowie in einem Gastkommentar in der “Kronen Zeitung”. Einer Überwachung der Bürger ohne triftigen Grund erteilte er eine Absage.

APA (Punz)

Zwar sei der Schutz der Bürger vor Kriminalität und Terrorismus eine der wichtigsten Aufgaben des Staates. “In einer rechtsstaatlichen Demokratie aber muss genauso klar sein, dass dieses Ziel der Sicherheit nicht schrankenlos verfolgt werden darf”, so Holzinger. Außerdem: “Viele Möglichkeiten bieten unsere Gesetze schon jetzt.” Sie würden aber nicht mit der nötigen Konsequenz umgesetzt.

“Verglichen mit anderen Staaten ist die Sicherheitslage in Österreich eine sehr gute”, sagte Holzinger weiter. “Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht, hat es nie gegeben, selbst in der Sowjetunion und im NS-Staat nicht, wo an jeder Ecke ein Spitzel stand.”

Dem Argument, dass wer nichts zu verbergen habe, nichts befürchten müsse, trat der VfGH-Präsident entschieden entgegen. “Dass die Menschen ein gewisses Maß an Freiheit genießen, zeichnet den liberalen Rechtsstaat aus”, so Holzinger. “Damit verbunden ist, dass auch ein völlig unauffälliges Privatleben vor Überwachung geschützt werden muss. Ein Staat, der diese Freiheit nicht zugesteht, gleitet automatisch in eine Diktatur ab. In einem liberalen Rechtsstaat hat der Mensch einen Anspruch darauf, dass er nicht rechtfertigen muss, was er isst, was er trinkt, welche Bücher er liest oder wo er die Nacht verbringt.”

In Sachen Vorratsdatenspeicherung erinnerte er daran, dass diese vom Europäischen Gerichtshof und vom Verfassungsgericht aufgehoben wurde. Wenn man hier eine neue Regelung erlassen wolle, “dann müsste man das vor diesem Rahmen schaffen, den wir aufgezeigt haben”.

Auch bei weiteren Regierungsplänen zeigte sich Holzinger skeptisch. “Freiheitsbeschränkende Maßnahmen ohne konkreten Anhaltspunkt, dass jemand eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt, sind sicher unzulässig”, meinte er zur geplanten elektronischen Fußfessel für “Gefährder”. Zu Rückkehrzentren für abgelehnte Asylwerber sagte er: “Für die Anhaltung von Menschen gilt in erster Linie das Grundrecht auf persönliche Freiheit. Vor dem Hintergrund dieser grundrechtlichen Regelung sind Gesetzesvorhaben zu beurteilen. Der Handlungsspielraum des Gesetzgebers ist diesbezüglich relativ eng.”

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