von apa 16.02.2017 12:34 Uhr

Kampf gegen Lichtverschmutzung in Wien

Die zunehmende Lichtverschmutzung in Städten lässt den Sternenhimmel verschwinden, hat negative Auswirkungen auf Natur und Gesundheit des Menschen. In einer Studie wurden nun die Hauptverursacher der Lichtglocke über Wien identifiziert. Beteiligte Organisationen fordern als Konsequenz eine Bewilligungspflicht für Gebäudebeleuchtungen und die zeitliche Beschränkung von Geschäftsbeleuchtungen.

APA (Pfarrhofer)

Aufgrund exzessiver Nutzung von Licht könne man in Wien und anderen großen Städten den Sternenhimmel nicht mehr betrachten, “geschweige denn die Milchstraße. Es ist traurig, wenn wir nicht mehr unseren Platz im Kosmos sehen können”, sagte der Generaldirektor des Naturhistorischen Museum (NHM) Wien, Christian Köberl, am Donnerstag bei der Vorstellung der Studie.

Experten berichteten bei der Studienpräsentation zudem über die negativen Auswirkungen auf die Natur, von Insekten über Säugetiere und Zugvögel bis zum Menschen. Sie verwiesen auch auf die mit der Beleuchtung verbundene Energieverschwendung und den CO2-Ausstoß.

In der Studie hat der Verein Kuffner-Sternwarte in Kooperation mit dem NHM und mit Unterstützung der Stadt Wien mit Hilfe von Messungen aus einem Helikopter die Lichtflut über der Stadt vermessen. Die Lichtquellen wurden dabei aus 216 Richtungen erfasst. “Wien ist damit die weltweit erste Stadt mit einer vollständig gemessenen Lichtbilanz”, sagte Sternwarte-Chef Günther Wuchterl.

Die Wiener Lichtglocke strahlt demnach mit einer Leistung von 30 Megawatt und verbraucht 90 Gigawattstunden Energie pro Jahr. Das entspreche 50.000 Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr. Jeweils rund ein Drittel der Lichtglocke gehen auf das Konto der öffentlichen Beleuchtung, der Geschäftsbeleuchtung und der Beleuchtung von Gebäuden durch sogenannte Himmels- bzw. Fassadenstrahler. “Wien ist dort am hellsten, wo Geschäfte sind”, sagte Wuchterl.

Vor allem der Anteil der Gebäudebeleuchtung sei erst durch die Hubschraubermessungen deutlich geworden, “weil wir das vom Boden nicht erfassen können”, sagte Wuchterl. Und bei Satelliten-Messungen werde nur der direkt nach oben strahlende Anteil registriert. Während dieser Anteil ein zunehmendes Problem darstellt, erwartet der Astronom, dass durch die laufende Modernisierung der Straßenbeleuchtung in Wien 80 bis 90 Prozent des Lichtglocken-Anteils der öffentlichen Beleuchtung verschwinden werden. Denn die Stadt Wien setze beim Austausch auf sogenannte “Full-Cut-Off-Lösungen”, bei denen kein Licht in die Atmosphäre abgestrahlt wird.

Die Kuffner-Sternwarte will sich gemeinsam mit der Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich und dem Umweltdachverband nun den anderen beiden Dritteln annehmen. “Wir fordern, dass ab 23.00 Uhr Schaufensterbeleuchtung und Leuchtreklame abgeschalten wird”, sagte BirdLife-Geschäftsführer Gerald Pfiffinger, der ab Anfang März auch die Leitung des Umweltdachverbands übernimmt.

Weiters fordern die Finsternis-Schützer eine Bewilligungspflicht für Fassaden- und Gebäudebeleuchtung. Solange der Verkehr durch solche Beleuchtung nicht geblendet werde, sei dies ein derzeit völlig unregulierter Bereich. “Es ist durchaus wichtig, Gebäude wie den Stephansdom zu beleuchten, das ist Kulturgut”, sagte Pfiffinger. Es gehe aber darum, intelligente Beleuchtung einzusetzen. Und das Problem seien auch die vielen privaten Gebäude, “die nicht wie der Dom beleuchtet sein müssen”.

Wuchterl zeigte sich “optimistisch” ob der Umsetzung, “weil das relativ einfach zu erfüllende Forderungen sind”. Er verwies auf Nachbarländer wie Slowenien, Tschechien oder angrenzende italienische Provinzen, wo es Gesetze zur Eindämmung der Lichtverschmutzung gebe. Die beteiligten Institutionen wollen jedenfalls verstärkt Bewusstsein für das Thema schaffen. Dazu beitragen soll ein sechsminütiger Kurzfilm, der vor fast allen Planetariums-Shows im NHM gezeigt wird.

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