von red 23.01.2017 18:00 Uhr

Ab nun freie Einsicht in (fast) alle Daten der öffentlichen Verwaltung. Was sagt die Landesrätin?

Ab nun kann jeder Bürger (fast) alle Akten und Unterlagen der öffentlichen Verwaltung einsehen. Was bedeutet das für die Ämter, was für den Bürger? Was sagt die zuständige Landesrätin gegenüber UT24?

Freedom of Information Act - Landesrätin Waltraud Deeg.

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UT24: Sehr geehrte Frau Landesrätin Deeg, Sie haben sich mit dem Portal Open Data Südtiol bereits für den freien Zugang der Bürger zu den öffentlichen Daten eingesetzt. Wie ist der derzeitige Stand des Projektes?

Eines der großen Themen in dieser Legislaturperiode ist der Datenschatz, den die Landesverwaltung, die Gebietskörperschaften und die Gemeinden im Zuge der ordentlichen Tätigkeit erheben, dies natürlich mit Steuermittlen.  Unser Ziel ist es, diesen Schatz den Bürgern und Betrieben wieder zurückzugeben. Einschränkungen ergeben sich jedoch z.B. im Falle von persönlichen Daten oder solchen, die für die öffentliche Sicherheit relevant sind. Schon letztes Jahr ist unser Open-Data Portal mit mehreren Hundert Datensätzen gestartet.

Im Grunde ist es schon eine kleine Revolution gewesen (lacht), denn die Daten werden oftmals als der Schatz der einzelnen Ämter und Bereiche gesehen. Sie sind aber Allgemeingut und dieses Bewußtsein wollen wir stärken, denn diese Informationen können ein Mehrwert für die ganze Gesellschaft sein.

UT24: Was bedeutet das neue Gesetzesdekret Nr. 96 vom 25. Mai 2016 für Südtirol?

Es geht darin um die neuen und sehr weitreichenden Zugangsrechte zu sämtlichen Unterlagen der öffentlichen Verwaltungen, welche den Bürgern ab nun eingeräumt werden.

Wir sind gerade dabei, die Durchführungsbestimmungen dazu zu erarbeiten und unsere Landesgesetzgebung diesbezüglich zu erweitern. Dies ist – da darf ich ganz ehrlich sein – schon eine Herausforderung.

UT24: Obwohl kein Ansturm von Anfragen an die Ämter des Landes oder die Gemeinden zu erwarten ist, haben Sie schon Vorkehrungen getroffen, wie solche Anfragen abgewickelt werden sollen?

Der Ansturm kann noch kommen (lacht). Aber natürlich muss sich die Verwaltung vorbereiten, denn unser Ziel ist es, die Bürger stärker einzubinden. Aber es muss uns auch klar sein, dass man ab nun theoretisch mit einer Flut von Anfragen die Beamten sehr lange beschäftigen und von ihrer eigentlichen Arbeit abhalten kann.

Gerade hier ist es aber auch wichtig, zwischen den Open Data und den Transparenzbestimmungen zu unterscheiden: Wir geben eine große Menge an Daten heraus, die wir auf Gund der gesetzlichen Bestimmungen veröffentlichen müssen. Der Mehrwert dieser Daten ist relativ. Open Data hingegen sind Datensätze, die so aufbereitet sind, dass der Bürger damit etwas anfangen kann.

UT24: Ganz konkret: Nehmen wir an, ein junger Akademiker interessiert sich für Daten, die ein Landesamt erhoben hat, beispielsweise aus dem Bereich der Hydrologie oder Geologie. Er will sie aufarbeiten und wissenschaftlich veröffentlichen. Kann der zuständige Beamte oder Amtsdirektor ihm dies verwehren?

Grundsätzlich muss man in so einem Fall den Zugang sicher ermöglichen. Natürlich dürfen es keine personenbezogenen Daten sein oder die öffentliche Sicherheit betreffen.

Aber das sind Ausnahmefälle. Im Grunde hat mit den neuen Transparenzbestimmungen die öffentliche Verwaltung eine weitreichende Informationspflicht. Die geht wirklich sehr weit.

UT24: Wir erinnern uns an das Jahr 2012 wo es ein Gerichtsverfahren zwischen den Grünen Landtagsabgeordneten und der SEL bzw. dem Land Südtirol wegen der Einsicht in die SEL-Verträge gegeben hat. Wie stellt sich so ein Sachverhalt im Lichte des neuen Gesetzesdekretes dar?

Da muss man etwas aufpassen: Ein Landtagsabgeordneter hat noch einmal ein weitreichenderes Zugangsrecht, als der Bürger. Aber es ist eine Gratwanderung. Wenn ein Abgeordneter Akteneinsicht bekommt, heißt das noch nicht automatisch, dass er den Inhalt der Akten an die Medien weitergeben darf.

Ich beziehe mich auf den Fall des Wettbewerbes um den Posten des SIAG Direktors, wo personenbezogene Daten in der Presse gelandet sind. Da ging es um Menschen, die sich einem Auswahlverfahren stellten bzw. über die Bewertungen abgegeben worden sind und in diesem Fall hatte das auch negative Folgen für die Betroffenen.

Was die SEL betrifft, so war ich damals noch nicht im Amt und habe den Fall selber nur über die Presse verfolgt. Die Perspektive ist dort aber wieder eine andere, da die SEL und deren Nachfolgebetriebe ja keine öffentlichen Verwaltungen sind und deshalb nicht den gleichen Transparenzbestimmungen unterliegen.

Ob die damals vorgebrachten Begründungen, auf Grund derer die Einsichtnahme verweigert worden war, im Lichte der neuen Bestimmungen noch Gültigkeit hätten, muss sicher überprüft werden.

UT24: Sehr geehrte Frau Deeg, wir bedanken uns für das Gespräch!


Interview: Hannes Innerhofer


 

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