Redaktion UT24

13.12.2016

Wie ehemalige und vielleicht zukünftige Minister in Italien ticken

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Giorgia Meloni weiß, was sie will. Ihre ersten Gehversuche hat die aschblonde Römerin mit der Gründung der studentischen Protestbewegung „gli Antenati“ (zu Deutsch „Die Vorfahren“) unternommen, 1998 wurde sie in den römischen Landtag gewählt, 2006 schaffte sie mit zarten 29 Jahren den Sprung in die italienische Abgeordnetenkammer.

Und wurde gleich deren Vizepräsidentin, bevor sie im Mai 2008 nach den vorgezogenen Neuwahlen mit 31 Jahren von Silvio Berlusconi zur Jugend- und Sportministerin ernannt wurde.

Dies blieb sie bis im November 2011 – als ein gewisser Mario Monti als neuer Ministerpräsident mit seinem Dekret „Salva Italia“ die Versäumnisse seiner Vorgänger ausbügeln hätte sollen.

„Sempre, ovunque e prima di tutto, italiana“.

Immer und überall und vor allem Italienerin sein will sie – die adrette Römerin, jedenfalls lautet so ihr Wahlspruch. 2012 hat sie deshalb auch Berlusconis Partei „Popolo della Libertà“ den Rücken gekehrt um mit Guido Crosetto und Ignazio La Russa, die italienische Rechtsaußen-Partei „Fratelli d’Italia“ ins Leben zu rufen.

Den dreien war Berlusconi zu wenig konsequent in nationalen Fragen.

Während nun dieses römische Dreigestirn am vergangen Montag dem neuen italienischen Ministerpräsidenten Gentiloni die Unrechtmäßigkeit seiner Regentschaft offenbart hat, hatte Meloni ihre Aktivitäten bereits auf eine kleine Provinz im Norden Italiens verlagert.

Und ihre Empörung über das Gedenken an Sepp Kerschbaumer und seine Mitstreiter für sich entdeckt.

„A San Paolo di Appiano, provincia di Bolzano lo scorso 8 dicembre si è svolta una manifestazione per risvegliare l’odio antitaliano in Alto Adige e promuovere la grazia per i terroristi altoatesini.“

Von einem Wiederaufflammen des Hass gegenüber Italienern anlässlich der Sepp-Kerschbaumer-Gedenkfeier ist da die Rede und von der Unbotmäßigkeit, dass gewählte Politiker wie Marta (sic!) Stocker an so einer Gedenkfeier teilnehmen.

Immerhin würden diese Politiker ja mit Steuergeldern der Italiener bezahlt. Da sei es schon angebracht, dass klar Stellung bezogen würde, gegen so eine der Geschichte zuwiderlaufende Schande.

Bislang haben eine ganz eine Reihe von Anhängern Melonis auf deren Facebookseite Stellung bezogen. So steht ein gewisser Mario Rossi mit seiner Meinung dort ganz und gar nicht alleine da, wenn er meint, dass die Südtiroler doch auswandern sollten, denn die Gebiete der italienischen Halbinsel seien sakrosankt, also hochheilig.

Oder Cinzia Marangoni, die auf Facebook keck kommentiert, Südtiroler wollten eigentlich eh nur vom italienischen Staat profitieren.

„Non si sentono italiani ma prendono i nostri soldi…“

Sie wollen keine Italiener sein, aber sie nehmen sich unser Geld. Fabrizio Bassighini, der selbst in Meran lebt, fleht Giorgia Meloni regelrecht an, endlich etwas zu unternehmen, gegen den Hass, der zwischen Italienern und Deutschen besteht und hauptsächlich von den Deutschen ausgeht, den „Italienerfressern” die vielfach Nazis wären, ohne Skrupel.

Freilich darf dabei die Aufforderung an Meloni nicht fehlen:

„Fai qualcosa appena sali al governo anche per noi!“

– die klare Aufforderung tunlichst etwas für die Italiener in Südtirol zu unternehmen, sobald sie endlich wieder an der Regierung sei.

Soweit wäre die Welt der ehemaligen italienischen Ministerin in Ordnung. Wären da nicht die Kommentare von einer beträchtlichen Anzahl italienischsprachiger Tiroler, die mit dem Wahlspruch „Sempre, ovunque e prima di tutto, italiana“ so gar nichts anfangen können.

Sondern im Gegenteil die Tiroler Freiheitskämpfer der 1960er Jahre verteidigen. Wie Massimo Paternoster, der da meint:

„Io ero presente e ci sarò l’anno prossimo, e poi anche nel 2018“

und damit ausdrücken will, dass er selbst an der Gedenkfeier für seine Freiheitskämpfer teilgenommen hat und dies auch in Zukunft tun wird.

Oder Lukas Antoniolli, welcher der ehemaligen Ministerin rät, keine Unwahrheiten zu verbreiten:

„…invece che dire stupidate sui nostri eroi. E guai se li chiamate terroristi perchè quelli siete voi tagliani che ci avete invaso ed avete ucciso i nostri avi solo per aver il Tirolo (…)

und damit zu verstehen gibt:

„Io sono tirolese e non sarò mai italiano“.

Ich bin Tiroler und niemals Italiener. Ein Zuruf, der dieser ehemaligen römischen Ministerin zu denken geben sollte.

Bis ihre Partei in irgendeinem Bündnis dann vielleicht doch wieder an die Macht kommt und Meloni erneut in die Sphären der römischen Regierung aufsteigt.

Denn in Italien ist alles möglich. Und dann wird, im Gegenzug, Melonis Leitspruch den Tirolern südlich des Brenners wieder zu denken geben. Oder vielmehr zu schaffen machen.


 

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