von apa 11.12.2016 07:38 Uhr

Nationalrat mit furiosem Jahresfinale

Der Nationalrat verabschiedet sich mit einer ganzen Ladung an Gesetzen in die Weihnachtsferien. Etliche der wichtigsten Beschlüsse, die kommenden Mittwoch und Donnerstag gefällt werden, hängen mit dem Finanzausgleich zusammen, etwa der umstrittene Kostendämpfungspfad im Gesundheitswesen. Dazu kommen noch Materien wie der Ausbau der Ganztagsschulen und ein Pensionspaket.

APA (Archiv)

Allzu große Lust auf eine derart umfangreiche Agenda schienen die Abgeordneten zunächst nicht zu haben. Denn obwohl das Programm normal locker drei Sitzungen füllen würde, hatte man lange auf nur einen Plenartag beharrt. Als sich aber abzeichnete, dass man bei nur einem Plenartag bis ins Morgengrauen sitzen würde, umso mehr als sich eine “Dringliche Anfrage” des Team Stronach anbahnt, fügte man kurzfristig doch noch einen zweiten Sitzungstag hinzu.

Im Zentrum des Programms steht der Finanzausgleich, also die Verteilung der Steuermittel zwischen den Gebietskörperschaften. Er bringt den Ländern und Gemeinden 300 Millionen Euro pro Jahr mehr, zusätzlich noch eine Einmalzahlung wegen der Belastungen durch den starken Flüchtlingszuzug. Andererseits sollen die Mittel im Bereich der Kinderbetreuung künftig aufgabenorientiert verteilt werden. Zudem gibt es einen kleinen Einstieg in eine Steuerautonomie der Länder, indem diese die Wohnbauförderungsbeiträge selbstständig festlegen können.

Im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich stehen etwa die Verlängerung und Erhöhung des Pflegefonds, aber auch die Abschaffung des Spitalkostenbeitrags für Kinder und Jugendliche sowie ein Ausbau der Hospiz- und Palliativmedizin. Umstrittener sind dabei die 200 Millionen jährlich, die in den Ausbau der Primärversorgung gepumpt werden sollen. Dass im Gesundheitswesen die Kostensteigerung schrittweise von 3,6 auf 3,2 Prozent des BIP gedämpft wird, sorgt in der kommenden Woche sogar für Kampfmaßnahmen der Ärzte.

Deutlich mehr Geld aufgewendet wird für den Ausbau der Ganztagsschulen. Immerhin 750 Millionen Euro werden für diesen Posten zur Verfügung gestellt. Mit einer “Innovationsstiftung für Bildung”, die mit 50 Millionen dotiert wird, soll wiederum die Bildungsreform in Österreich über die Subventionierung innovativer Projekte unterstützt werden.

Neue Wege beschritten werden auch im Verkehrswesen. Ermöglicht wird ein Pilotversuch für Alkolocks, also Alkohol-Wegfahrsperren. Mit einer Novelle des Kraftfahrgesetzes wird unter anderem gestattet, dass Beweisfotos aufgrund einer Geschwindigkeitsübertretung für die Verfolgung von anderen Delikten herangezogen werden dürfen, wie etwa unzulässiges Telefonieren mit einem Mobiltelefon oder Verstöße gegen die Gurtenpflicht.

Erfreuliches gibt es für homosexuelle Verbindungen. Paare können ihre “Eingetragene Partnerschaft” in Zukunft am Standesamt schließen und einen gemeinsamen Familiennamen angeben. Verlängert und leicht adaptiert wird vom Nationalrat die Kronzeugenregelung. Zu einer Enteignung kommt es beim Hitler-Geburtshaus in Braunau, wobei die künftige Nutzung noch nicht geklärt ist. Während Ausländer nunmehr erst über eine Waffe verfügen dürfen, wenn sie über ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in der EU verfügen, gibt es eine Liberalisierung für Polizisten, die ohne weitere Prüfung Waffen bis zu einem Kaliber von 9 mm führen dürfen.

Gute Nachrichten sendet der Nationalrat an Pensionisten aus. Neben der schon länger feststehenden Bezugserhöhung um 0,8 Prozent kommt für alle Senioren noch ein Hunderter drauf. Dies gilt auch für Beamte, wobei den noch Aktiven mit einer Dienstrechtsnovelle 1,3 Prozent Gehaltsplus zugestanden werden. Im Pensionspaket weiters enthalten ist eine erleichterte Rückkehr schwer erkrankter Arbeitnehmer ins Arbeitsleben. Verbessert werden die Rahmenbedingungen beim Pensionssplitting, und wer länger als bis zum Pensionsalter arbeitet, muss dann nur noch die Hälfte der Pensionsversicherungsbeiträge zahlen. Einen Rabatt gibt es für die Bauern: für das letzte Quartal 2016 werden 53 Prozent der Sozialversicherungsbeiträge gestrichen, um die deutlichen Einkommensverluste in der Landwirtschaft abzufedern.

Beschlossen wird auch die Enteignung der Besitzerin des Hitler-Geburtshauses in Braunau. Damit soll verhindert werden, dass das Haus eine Pilgerstätte für Neonazis bzw. Rechtsextremisten wird. Die weitere Verwendung des Gebäudes ist noch offen. Baulich soll das Gebäude jedenfalls so umgestaltet werden, dass es sich nicht mehr als Erinnerungsort eignet. Eine konkrete Entschädigungssumme wird im übrigen nicht genannt.

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