von ih 02.11.2016 12:51 Uhr

In Bruneck erschlagen: Gedenkfeier für Johann Mairhofer

„Es gibt Dinge im Leben, die einen erschüttern. So wie jener 5. April 1946.“ Diese Worte fand der Landeskommandant der Schützen, Elmar Thaler in seiner Gedenkrede für Johann Mairhofer, den Hölzlerbauer aus Reischach, der am 5. April 1946 am Brunecker Graben von Faschisten bei einer Selbstbestimmungskundgebung erschlagen wurde.

Foto: © schuetzen.com

70 Jahre sind seit seinem Tod vergangen, und die Schützen wollten ihm zu Ehren eine Bronzetafel am Brunecker Graben zwischen Hotel Post und Hotel Corso im Boden einlassen. Genau dort, wo er zu Tode kam. Dies wurde allerdings von der Brunecker Stadtverwaltung mit Bürgermeister Roland Griessmair abgelehnt.

Nichtsdestotrotz zog es Schützen aus den Dörfern des Pustertals unter dem Kommando vom Bezirksmajor Haymo Laner und viele andere Teilnehmer nach Bruneck auf den Graben, um im Anschluss an die Heldengedenkfeier im Waldfriedhof in einer ergreifenden Feier sich an die Situation vom April 1946 zu erinnern, wie schwierig es damals war, für die Heimat einzustehen.

Hans Duregger hielt Ereignisse fest

Hans Duregger aus Gais ist es unter anderem zu verdanken, dass die damaligen Geschehnisse aufgezeichnet wurden. So gab er am 6. April 1946 in der SVP-Geschäftsstelle Bruneck eine eidesstattliche Erklärung ab, die später auf heimlichem Weg in die „Landesstelle für Südtirol“ bei der Tiroler Landesregierung gebracht wurde.

In dieser schilderte er, wie sich die Faschisten auf Teilnehmer stürzten, die Spruchbänder mitführten. Und wie die Volksmenge dieselben verteidigte. „Darunter war auch der sogenannte ‚Hölzlerbauer‘ von Reischach. Dann folgte dem ‚Hölzlerbauern‘ ein Carabiniere mit dem Gewehr und versetzte ihm mit dem Gewehrkolben einen Schlag auf die Schläfe. Er wurde darauf, ohne dass noch ein Lebenszeichen an ihm bemerkbar war, in das Gasthaus ‚Goldener Stern‘ gebracht”; ein dort anwesender Arzt konnte nur mehr seinen Tod feststellen.

Kundgebung für Selbstbestimmung und gegen Tolomei

Auch der über jeden Verdacht erhabene Journalist, Historiker und Dokumentarfilmer Claus Gatterer geht in seinem historischen Hauptwerk „Im Kampf gegen Rom. Bürger, Minderheiten und Autonomien in Italien“ auf diese Kundgebung und ihre fatalen Folgen ein, wenn er schreibt: „[…] Am 5. April 1946 demonstrieren in Bruneck rund dreitausend Südtiroler, vorwiegend Bauern, gegen die Rückkehr Tolomeis nach Südtirol. Es war die erste größere offene Kundgebung der Südtiroler nach 1945. In einer Resolution wurde das Selbstbestimmungsrecht für Südtirol reklamiert. Von einem lokalen Exfaschisten angeführt, überfiel eine Gruppe von Italienern die friedlichen Demonstranten; ein Bauer wurde niedergeschlagen und starb noch am gleichen Tage.“

Dies sah der Stadtarchivar Andreas Oberhofer in einem anlassbedingten in Auftrag gegebenen Gegengutachten nicht so und empfahl Bürgermeister Roland Griessmair und seinen Referenten eine Absage an den Wunsch der Schützen, dem Hölzlerbauer einen Gedenkstein am Graben zu widmen. Im Kern meint der Historiker Oberhofer, eine Gedenktafel könne ethnisches Unbehagen hervorrufen.

Wir erinnern an Mairhofer nicht, weil er ein besonderer Held war, sondern weil er ein Opfer war, das unabhängig von seiner Todesursache für eine Zeit der Angst, der Hoffnung, des Schmerzes und der Zuversicht steht. Auch wenn die Stadtgemeinde Bruneck sein ungeklärtes Schicksal – weil unbequem – lieber aus dem kollektiven Gedächtnis gestrichen hätte

so Thaler in seiner Gedenkrede. Er versprach den vielen Teilnehmern – die Angehörigen Mairhofers waren ebenfalls anwesend – dass die Schützen dafür Sorge tragen werden, dass die allgemeinen Umstände, in denen der Hölzlerbauer den Tod fand, auch den zukünftigen Generationen mitgeteilt werde.

Nach der tiefgehenden Rede schoss die Schützenkompanie Anton Steger eine Ehrensalve ab; das Lied „Vom guten Kameraden“ spielte eine Bläsergruppe der Bürgerkapelle von Bruneck.

Jetzt
,
oder
oder mit versenden.

  1. Zeitungleser
    02.11.2016

    Bruneck hat keine Probleme damit, Kriegsverbrecher zu verherrlichen, aber für ein Opfer des Faschismus ist kein Platz.
    Der einzige Lichtblick in dieser Angelegenheit ist, daß Bruneck einen redlichen Mann hat, dem “ethnisches Unbehagen” zuwider ist. Bestimmt ist er schon landauf, landab unterwegs und macht sich für die Beseitigung faschistischer Relikte stark. Die Tage des Kapuziner-Wastls sind gezählt, und das Siegesdenkmal müssen wir auch nicht länger erdulden.
    Ehre sei dem rührigen Mann aus dem Brunecker Stadtarchiv, wenn es ihm gelingt, mit diesem beleidigenden Faschistenschund aufzuräumen!

Es gibt neue Nachrichten auf der Startseite