Rupert Gietl

06.05.2016

Neuer Name für den Flugplatz: Die Idee ist gut, doch die Welt noch nicht bereit.

Der italienische Militärflugplatz Toblach wird 50. Zur Feier wollte man ihm erstmals einen Namen geben. Doch der Vorschlag der Einheimischen kam alles andere als gut an…

Enrico Mattei und das Flugfeld Toblach. Bild: Llorenzi CC BY-SA 3.0 / Public Domain.

Die Fliegerei in Toblach wird heuer 101 Jahre alt.

Im Sommer 1916 trafen erstmals bayerische Feldflieger am höchsten Punkt des Pustertales ein, um in den eben ausgebrochenen Gebirgskrieg einzugreifen.

Erinnerung

Doch daran erinnert man sich nicht, an diesem Samstag, den 7. Mai 2016.

Es geht vielmehr um den 50. Jahrestag der Einrichtung des italienischen Heeresflugplatzes, der seit 1956 auf dem Toblacher Feld betrieben wird.

Es war die Zeit des Kalten Krieges und ganz Südtirol war in den strategischen Überlegungen der Generäle ein potentielles Einbruchgebiet der Warschauer-Pakt-Truppen aus dem Osten Europas und durch das neutrale Österreich.

Ruhe

Nach dem Ende des Kalten Krieges ist es ruhiger geworden, an der Wasserscheide zwischen Rienz und Drau.

Noch immer ist die italienische Luftwaffe Herr über das Areal. Sie unterhält ein Flugplatzkommando sowie eine Ausbildungs- und Erholungseinrichtung, in der Luftwaffenangehörige Ferien machen können.

Militärisch genutzt wird der Flugplatz hauptsächlich für Helikopter. Seit 2005 darf auch der örtliche Luftsportverein die Startbahn mitnutzen.

Luftsport

Höhepunkt der Feierlichkeiten am 7. Mai wird ein Überflug der italienischen Kunstflugstaffel Frecce Tricolori.

Doch vor Ort kursieren Grüchte, welche eine herbe Enttäuschung andeuten:

Im Zuge des Jubiläums war durch eine lokale Initiative die Idee geboren, dem Flugfeld erstmals einen Namen zu geben.

Enrico Mattei

Ein Vorschlag war schnell parat: Es sollte nach dem italienischen Topmanager Enrico Mattei (1906-1962) benannt werden, der mit Toblach und dem Hochpustertal in vielfältiger Verbindung stand. Er nutzte das Flugfeld zur An- und Abreise und ist in der lokalen Erinnerung als sehr volksnah bekannt geblieben.

Zudem soll er durch den Kauf des Antholzersees den Bau eines Staudammes und durch eigenes Kapital ein finanzielles Fiasko beim Bau der Stallersattel-Straße verhindert haben.

Fairer Handel

Der sehr schillernde und nicht unumstrittene Mattei führte nach dem Zweiten Weltkrieg den staatlichen Energiekonzern Agip auf den Weltmarkt.

Dabei machte er den anderen Erdölmultis dadurch Konkurrenz, dass er mit armen Produzentenländern Verträge auf gleicher Augenhöhe und mit fairer Teilung der Gewinne einfädelte und auch mitten im Kalten Krieg mit der Sowjetunion und China Geschäfte abschloss.

Freiheitskampf

Er setzte sich im Untergrund für den algerischen Unabhängigkeitskampf gegen Frankreich ein, machte die Loslösung von der Kolonialmacht sogar zur Bedingung für einen großen Geschäftsabschluss in der Sahara.

Damit geriet er ins Fadenkreuz der rechtsextremen französischen Terrororganisation OAS, sowie der amerikanischen CIA.

Absturz

1962 versuchten unbekannte, sein Flugzeug zu sabotieren, im selben Jahr stürzte er über der Lombardei ab und kam ums Leben. Sofort wurde der Vorfall zu einem Unfall erklärt, doch heute geht man mit ziemlicher Sicherheit von einem Mord an Mattei aus.

An den Untersuchungen zu seinem Tod war auch die italienische Luftwaffe beteiligt. Diese wurden rasch archiviert, der Absturz zu einem Unfall erklärt. Seit der Wiederaufnahme der Ermittlungen im Jahr 1997 gilt ein Attentat als sicher.

Das letzte Wort

Doch bei der Benennung des Flugfeldes Toblach hat aber das Verteidigungsministerium in Rom das letzte Wort.

Hinter vorgehaltener Hand munkelt man in Toblach, dass die Militärs keine Freude mit dem Vorschlag aus dem Hochpustertal haben.

Vielmehr scheint man in Rom einen hierzulande völlig unbekannten Flieger und Offizier der Luftwaffe namens Mario Pezzi als Namensgeber für das Toblacher Flugfeld zu bevorzugen. Dieser war 1955 selber Kabinetts-Chef im Verteidigungsministerium.

Unangenehm

Ironie des Schicksals: Ein aufmerksamer Beobachter könnte sich Gedanken darüber machen, wieviel man dort über den Tod von Enrico Mattei wußte… und vielleicht heute noch weiß.

Reine Spekulation ohne Beweise – selbstverständlich…

Enrico Mattei war wohl einer der Gründerväter des heutigen Europa. Hätte sein Geschäftsmodell der gerechten Gewinnbeteiligung Schule gemacht, hätten wir heute sicher stabilere Länder an der europäischen Südgrenze und sicherlich auch weniger Flüchtlinge im eigenen Haus.

Könnte sein Name also aktueller sein, als gerade jetzt?

Noch will es niemand glauben, doch sollten die Gerüchte wahr sein, werden sich die Toblacher und Hochpusterer nur einmal mehr Fragen müssen, wer am Ende immer das Sagen hat, in unserem schönen Land.


Nachtrag des Autors (8. Mai 2016):

Gestern wurde der Flugplatz Toblach nach General Mario Pezzi benannt.


 

 

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