Martins Blog

Martin Feichter

10.01.2016

Südtirol: Ein falsches Sprachbild

Bild: UT24

Ein Kommentar von Martin Feichter

In Südtirol wird im Alltag nur mehr eine der offiziellen Landessprachen benötigt – und Schweine können fliegen.

Die Südwestpresse veröffentlichte diese Woche den Artikel „Nebeneinander statt Miteinander in Südtirol“. Dort kam unter anderem auch der gebürtige Kalabrese und Verleger Aldo Mazza aus Meran zu Wort.

Dem Leser präsentiert Mazza darin sein persönliches Sprachbild von Südtirol, welches keinesfalls der Realität entspricht.

„Landler“ lernen kein Italienisch?

Im friedlichen Nebeneinander der wirtschaftlich blühenden Region sieht Mazza jedoch auch das Risiko eines Ohneeinander. Denn anders als früher ist heute die Kenntnis der jeweils anderen Sprache nicht mehr erforderlich. Gerade auf dem Land bemühen sich viele nicht mehr, Italienisch zu lernen.

Zitat Südwestpresse

Dass sich auf dem Land viele nicht mehr bemühen würden Italienisch zu lernen, ist eine rein subjektive Einschätzung von Mazza. Hierzu gibt es keine Fakten. Dazu wie es mit den Italienern und der deutschen Sprache in der Peripherie aussieht, äußert sich der Verleger allerdings nicht.

Italienisch finden alle wichtig, Deutsch nicht

Für das friedliche Zusammenleben in Südtirol sehen allerdings Deutsche mit großer Mehrheit die italienische Sprache als die mit Abstand notwendigste an. Genauso sehen das auch die Italiener selbst sowie die Ladiner.

Belegt wird dies durch das Astat Sprachbarometer 2014. Deutsch scheint in diesem Kontext zunehmend unwichtiger zu werden. Bei einem Bevölkerungsanteil (Stand 2011) von 62,3 % deutschen, 23,4 Prozent italienischen und 4,1 Prozent ladinischen Muttersprachlern dürfte dies wohl einige Fragen aufwerfen.

Carabinieri und Post

Dass die jeweils andere Sprache nicht mehr erforderlich sei, ist frei erfunden. Zumindest kommen deutlich mehr Italiener bei Behördengängen ohne die deutsche Sprache aus, als umgekehrt.

Früher brauchte man im Kontakt mit Carabinieri und auf der Post das Italienische, das ist heute anders.

Zitat Mazza gegenüber Südwestpresse

Falsch! Heute ist das sicher besser als noch unter dem Mussolini-Faschismus, die Aussage kann aber nicht einfach so stehen gelassen werden, da dadurch ein falsches Bild erweckt wird.

Ganzen 36,1 Prozent (!) der Deutschen war es nicht möglich, sich mit den Ordnungskräften der Carabinieri in Südtirol in ihrer Muttersprache zu verständigen. Zum Vergleich: Nur 1,9Prozent der Italiener beklagten dasselbe Problem.

Bei der Post ist es zwar nicht ganz so schlimm, aber dennoch besorgniserregend: 15,3 Prozent konnten sich nicht in deutscher Sprache mit dem Amt verständigen. Auch diese Zahlen lieferte das Landesstatistikinstitut.

In der Ungleichbehandlung der beiden Amtssprachen lassen sich (immer noch) einige Beispiele benennen. Eines der wichtigsten betrifft die deutschsprachigen Packungsbeilagen von Medikamenten – in der Regel sind diese nämlich Fehlanzeige.

Lösung?

Jede weitere Sprache stellt unbestritten einen großen Vorteil dar. Dass es in Südtirol aber möglich ist, sich nur in seiner Muttersprache zu verständigen, entspricht nicht den Tatsachen.

Der tägliche Kampf um zugesicherte Rechte wird im südlichen Teil Tirols weitergehen. Dies gilt selbstredend für alle drei Sprachgruppen.

Die „Vorzeige-Autonomie“ versagt in dieser Hinsicht vollkommen. Vielleicht bringt ja der Autonomiekonvent die Lösung…?

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